Das Schattenhaus

  • Limes
  • Erschienen: April 2020
  • 6

Andreas Jäger (Übersetzung)

Das Schattenhaus
Das Schattenhaus
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Carola Krauße-Reim
30°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2020

Sex and Drugs and Langeweile

Die Amerikanerin Tess Gerritsen ist durch ihre Rizzoli-&-Isles-Thriller bekannt geworden. Sie schreibt aber auch erfolgreich Stand-Alone Bücher, wie „Das Schattenhaus“.

Ava, Autorin von Kochbüchern, zieht für den Sommer ins Touristennest Tucker Cove an der Küste Maines. Im einsam gelegenen Haus „Brodie‘s Watch“ will sie vor privaten Problemen fliehen, zur Ruhe kommen und ihr nächstes Buch fertig stellen. Doch es geschehen merkwürdige Dinge in diesem alten Gemäuer und bald ist Ava klar, dass sie mehr als einem Geheimnis auf den Grund gehen muss.

Austauschbare Charaktere bevölkern Tucker Cove

Eine Kochbuchautorin mit schwerwiegenden persönlichen Problemen und tief sitzenden Schuldgefühlen kommt in ein Haus, in dem scheinbar der schon lange verstorbene Erbauer als Geist umgeht. Da wäre doch eine Charakterdarstellung möglich gewesen, die den Leser anspricht und ihn an die Geschichte bindet. Doch herausgekommen ist eine Allerweltsperson, die allabendlich dem Alkohol bis zur Bewußtlosigkeit frönt, nachts dem sexlüsternden Geist zu Willen ist und ansonsten wenig Initiative an den Tag legt.

Der nicht tot zu kriegende Kapitän Brodie seinerseits steht auf Fesseln und Peitschen, dominiert bei den nächtlichen Sexspielchen, ist aber ansonsten eher bleich im Charakter. Auch die Bewohner des Küstenstädtchens sind von der Maklerin bis zur tratschenden Hausfrau alle austauschbar. Mit den Charakteren hat sich Gerritsen hier wahrlich nicht viel Mühe gegeben. Sie wecken einfach kein Interesse beim Leser.

Sogar Maine-Coon Kater Mr. Hannibal scheint sich als äußerst erfolgreicher Mäusejäger und gleichzeitiger Dosenfutter-Liebhaber nicht für einen Katzen-Charakter entschließen zu können. Die Geschichte selber  kommt dann auch noch so uninteressant und unglaubwürdig daher, dass man sich fragt, warum Gerritsen ihr Renommee als gute Erzählerin hier so auf‘s Spiel setzt.

Ein Plot am äußersten Ende der Trivialitäts-Skala

„Das Schattenhaus“ ist zum Glück als Roman deklariert, denn alles andere wäre überhaupt nicht nachvollziehbar. Spannung sucht der Leser vergebens und der Handlungsstrang ist so minimal, dass er auf wenigen Seiten Platz gehabt hätte. Wären da nicht die ausführlich dargelegten nächtlichen Eskapaden der Protagonistin und ihr Schmachten nach ihnen während des Tages, wäre der Roman nur wenige Seiten dick.

Dabei scheint Ava allerdings sehr furchtlos und unkritisch zu sein, hat sie doch überhaupt und nie ein Problem mit dem toten Mitbewohner und gerät so selbstverständlich in seinen Bann, dass sie alle Annäherungsversuche noch Lebender ausschlägt, was dann wiederum sehr irdische, wenn auch völlig unplausible Konsequenzen hat.

Aufgepeppt wird der Roman durch einen am Rande erwähnten Mordfall, die Frage, ob Kapitän Brodie vielleicht doch nur Einbildung ist und die Erkenntnisse der zur Beantwortung dieser Frage herbeigeholten Geisterjägerin. Die Aktionen der Beteiligten sind so unwahrscheinlich und abstrus, der Schreibstil so simpel, dass man den Eindruck hat, einen billigen Groschenroman aus der Sparte Trivial-Literatur vor sich zu haben, und nicht das Produkt einer bekannten Autorin. Die Absurdität der Handlung gipfelt dann in einem Schluss, der zum Rest passt. Hier ist alles auf niedrigstem Niveau gehalten, nur die Enttäuschung des Lesers ist exorbitant hoch.

Fazit:

Von Tess Gerritsen habe ich mehr erwartet, als diese triviale Mischung aus  kitschigem Herzschmerz ,gepaart mit 50 Shades of Grey, Alkoholexzessen, einer Prise Krimi und einer Portion Mystery. „Das Schattenhaus“ war eine Enttäuschung in jeder Hinsicht und mir tut der Baum leid, der für das Druckpapier sein Leben lassen musste.

Das Schattenhaus

Tess Gerritsen, Limes

Das Schattenhaus

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