Die Stille im 6. Stock

  • Fischer
  • Erschienen: Januar 2002
  • 1
  • Frankfurt am Main: Fischer, 2002, Seiten: 208, Originalsprache
Die Stille im 6. Stock
Die Stille im 6. Stock
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Jörg Kijanski
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2003

Intensivstation und WM-Finale

12. Juli 1998. Ganz Frankreich fiebert dem Endspiel um die Fußballweltmeisterschaft in Paris entgegen wo die eigene Mannschaft auf den Favoriten Brasilien trifft. Doch pünktlich zum Anpfiff gerät für zwei Ärzte und zwei Mitarbeiter des Pflegepersonals auf der Intensivstation des Krankenhauses Louis Pasteur in Nimes die WM plötzlich zur unwichtigsten Angelegenheit der Welt, denn ein maskierter Eindringling, bewaffnet mit einer Pistole und einem Koffer voll Sprengstoff, nimmt die vier Kollegen sowie die sechs Patienten der Intensivstation im 6. Stock des Gebäudes kurzerhand als Geiseln. Krankenschwester Fabienne Bartholemy vermutet ihren Ex-Mann hinter der Maske, da dieser sie seit ihrer Scheidung bereits mehrfach verfolgt und bedroht hat. In Panik will sie zum Telefon des Schwesternzimmers rennen, wird von dem Eindringling jedoch durch einen Bauschuss niedergestreckt.

Schnell werden alle zur Verfügung stehenden polizeilichen Kräfte vor Ort gesammelt, einschließlich eines Teams der GIGN, einer Spezialeinheit für Geiselnahmen. Kommissarin Florence Labelle übernimmt die Leitung des Falles, doch zunächst gilt es heraus zu finden, welche Ziele der oder die Täter überhaupt verfolgen. Nachdem der erste Intensivpatient mangels medizinischer Versorgung gestorben ist, meldet sich der Geiselnehmer und stellt seine Forderungen: Fünf Millionen Francs und eine Live-Schaltung ins Fernsehen. Während der Leiter der GIGN-Einheit auf einer Stürmung der Station besteht, hat Kommissarin Labelle einen anderen Plan, der sie direkt auf die Intensivstation führt...

Bevor man das Buch zur Hand nimmt fragt man sich natürlich schon, ob es überhaupt "Bedarf" für einen weiteren Thriller über das Thema Kidnapping gibt, denn dieses wurde ja bereits unzählige Male verarbeitet. Auch wenn vielleicht noch keiner dieser Thriller auf einer Intensivstation spielte, wirkliche genrerelevante Neuerungen enthält der Plot von "Die Stille im 6. Stock" nicht.

Gleichwohl muss man Alexandra von Grote zu Gute halten, dass sie nicht nur ansprechend das WM-Endspiel von 1998 mit den Ereignissen in Nimes verknüpft, sondern es außerdem schafft, die Figuren trotz des recht überschaubaren Buchumfanges angemessen mit Leben zu füllen. Ebenfalls sind die Arbeitsabläufe auf der Intensivstation sehr anschaulich und authentisch beschrieben. Da es darüber hinaus hinsichtlich der Identität des Täters mehrere Möglichkeiten gibt, ist der vorliegende Roman gut geeignet für den "kleinen Krimi-Hunger zwischendurch". Der Spannungsbogen hält jedenfalls bis zum Finale.

Der Plot wirkt stellenweise ein wenig konstruiert und enthält die hinlänglich bekannten Zutaten. So muss u. a. die Kommissarin einen Hardliner, der die Intensivstation am liebsten stürmen möchte, zurück halten und selbstredend kommt die Presse unerwünschter Weise ins Spiel. Das Katz-und-Maus-Spiel kann also losgehen und wird von Alexandra von Grote routiniert erzählt, gespickt mit einigen kleineren Wendungen. Dabei wechseln sich die zahlreichen Szenerien (Intensivstation, Stade de France u. a.) immer wieder ab und machen die Story zu einem kurzweiligen Lesevergnügen, bei dem die bedrohliche Lage auf der Intensivstation aus Sicht aller Beteiligten vorzüglich dargestellt wird. In die beklemmende Situation kann sich der Leser somit mit zunehmender Handlungsdauer immer besser hinein versetzen.

Das (vorhersehbare?) Ende kommt ein bisschen plötzlich und wirkt im Vergleich zu dem Rest des Buches etwas ideenlos. Ansonsten kann man "Die Stille im 6. Stock" aber durchaus empfehlen. Sofern man denn einen weiteren Fall von Geiselnahme lesen möchte.

Die Stille im 6. Stock

Alexandra von Grote, Fischer

Die Stille im 6. Stock

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