Ausgezählt

  • Heyne
  • Erschienen: Juni 2019
  • 5

Aus dem Amerikanischen von Norbert Jakober
Originaltitel: Long Road to Mercy (Atlee Pine 1)
Originalverlag: Grand Central
Hardcover mit Schutzumschlag, ca. 500 Seiten, 13,5 x 21,5 cm ISBN: 978-3-453-27228-6

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Andreas Kurth
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2019

Zwei clevere Mädels retten den Weltfrieden

Wer Heldengeschichten mag, deren Plot durchaus weit abseits der Realität liegt, wird von diesem Roman aus der Feder von David Baldacci bestens unterhalten. Es gibt aber auch viele Leser, die auf innere Logik und Realitätsnähe einer Geschichte setzen - sie sollten die Finger von diesem Thriller lassen. Der Autor hat hier offenbar seiner Fabulierlust so richtig freien Lauf gelassen, und herausgekommen ist nach meiner Auffassung ein kurzweiliges Buch, bei dem man als Leser zuweilen die Stirn runzelt, um sich dann wieder der dynamischen Handlung zu überlassen.

Im Zentrum der Geschichte stehen Atlee Pine, eine FBI-Agentin mit ausgeprägtem Scharfsinn und einer richtigen Spürnase, sowie Carol Blum, ihre nicht mehr ganz junge, aber äußerst lebenskluge Assistentin. Atlee hat eine traumatisch vorgeprägte Vergangenheit. Als sie sechs Jahre alt war, wurde ihre Zwillingsschwester aus dem gemeinsamen Schlafzimmer entführt. Das ist einer der Gründe, warum sie schließlich beim FBI gelandet ist. Als Kind hat sie nach dem Entführer gesucht, und den Nachbarn der Familie überführt, aber natürlich hat niemand dem jungen Mädchen geglaubt.

Hohe Tiere beim FBI interessieren sich für den scheinbar profanen Fall

Atlee Pine ist nach einigen turbulenten Fällen in Shattered Rock gelandet, eine Büro, das nur mit einem Agenten und einer Assistentin besetzt ist. In ihrem Zuständigkeitsbereich liegt der Grand Canyon, und als dort ein totes Muli gefunden und dessen Reiter vermisst wird, soll sie sich um die mysteriöse Sache kümmern. Im Hals des Tieres sind die Buchstaben J und K eingeritzt worden. Benjamin Priest, der vermisste Reiter des Mulis, stand mit einer geheimnisvollen Firma in Verbindung. Die Suche nach Capricorn Consultants führt zu überraschender Aufmerksamkeit bei den Vorgesetzten von Atlee Pine.

Per Mail wurde auch Peter Steuben, der Chef der National Security Branch des FBI, von den Recherchen informiert. Es wird immer merkwürdiger, als Edward Priest, der Bruder des Vermissten, die Firma überhaupt nicht kennt. Und dann ruft auch noch Roger Avery an, ein direkter Vorgesetzter von Pine, und fragt nach dem toten Maultier. Die junge Agentin ist nun aufs höchste alarmiert, und bindet ihre Assistentin Carol Blum in die immer verwirrender werdenden Nachforschungen ein. Das erweist sich als überaus kluger Schachzug. Als plötzlich auch noch Russen auftauchen und sich für die Ermittlungen zu interessieren scheinen, gewinnt das Geschehen ungeheuer an Dynamik.

Ermittlerin ist von traumatischem Erlebnis in ihrer Kindheit geprägt

Pine und Blum bilden ein richtig cooles Ermittler-Duo. Die nicht mehr ganz junge Assistentin hat einen mehr als trockenen Humor und sorgt für wirklich witzige und kluge Dialoge. Sie verblüfft die FBI-Agentin mit ihrer Kombinations- und Auffassungsgabe. Blum schätzt ihrerseits an Pine deren Einsatzwillen und unkonventionelle Art.

Die junge Ermittlerin ist vor allem von dem traumatischen Erlebnis in ihrer Kindheit geprägt.

Den Beginn des Buches bildet ihr Besuch in einem Hochsicherheits-Gefängnis, wo sie den einsitzenden Serien-Killer Daniel James Tor befragt. Über ein Hypnose-Verfahren ist sie darauf gekommen, Tor müsse der Unbekannte sein, der damals ihre Schwester entführt hat. Diese fixe Idee treibt Pine immer wieder an. Daneben ist sie einfach ein gute Ermittlerin und hat sich auch bereits als Profilerin einen Namen gemacht. Beim Fall des toten Mulis im Grand Canyon sind aber vor allem Hartnäckigkeit und durchaus auch Mut gefragt.

Atlee Pine muss sich mehrfach gegen Angreifer wehren

Das Buch lebt auch davon, dass die Strippenzieher dieser ganzen Angelegenheit lange im Dunkeln bleiben. Da wird eine Landstraße abgesperrt, Soldaten einer Spezialeinheit tauchen auf, Pine landet im Krankenhaus, ein Zeuge ist verschwunden. Die junge Agentin wird aus dem Fall genommen, macht aber auf eigenes Risiko weiter. Es wird dann zuweilen unübersichtlich, für Pine und Blum, aber auch für den Leser.

“Klar, wir sind zwei Frauen, die wissen, wo der Hammer hängt. Aber um in dieser Männerwelt klarzukommen, müssen wir zusammenhalten, oder?”

Mehr als einmal muss Pine ihre Fäuste sprechen lassen, um sich und Blum aus brenzligen Situationen zu befreien, oder aber zur Waffe greifen. Im Finale gibt es deutlich mehr Action, und es wird auch blutiger. Die Rätsel sind am Ende gelöst, und irgendwie kann man die Geschichte auch ganz anders sehen. Die Mehrheit der Leser wird die Erklärungen für ausgemachten Blödsinn halten, und sich nur über die gute Unterhaltung freuen. Aber nicht wenige werden es durchaus für denkbar halten, was da von David Baldacci erzählt wurde. Und das macht doch den Reiz einer unterhaltsamen Geschichte aus.

Fazit:

Spannung und Action kommen in diesem Thriller von David Baldacci wahrlich nicht zu kurz. Der Autor hat hier eine Story erzählt, die den Leser atemlos zu unterhalten vermag. Das Duo Atlee Pine und Carol Blum hat mich dabei bestens unterhalten, wobei Blum für mich mit ihrem Wortwitz der heimlich Star des Romans ist. Baldaccis Plot ist hanebüchen und völlig abseits möglicher Realitäten, aber das hat mich persönlich nicht gestört. Ich habe einfach die gut erzählte Geschichte genossen, und mit Pine und Blum mitgefiebert - und es hat riesig Spaß gemacht.

Ausgezählt

David Baldacci, Heyne

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