Heute wirst du sterben

  • Blanvalet
  • Erschienen: November 2018
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  • London: Black Swan, 2017, Titel: 'They all fall down', Seiten: 371, Originalsprache
  • München: Blanvalet, 2018, Seiten: 400, Übersetzt: Bernd Stratthaus
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Sabine Bongenberg
40°1001

Krimi-Couch Rezension vonApr 2019

Verschenktes Potential

Hannah wurde nach einem Trauma in die exklusive psychologische Klinik „The Meadows“ eingewiesen. Innerhalb kurzer Zeit nehmen sich gleich zwei Patientinnen das Leben, doch Hannah glaubt nicht an Selbstmord. Sie ist davon überzeugt, dass ein Mörder in dem alten georgianischen Landhaus sein Unwesen treibt.

Ein altes Herrenhaus, eine Anstalt für psychisch Kranke, zwei rätselhafte Todesfälle und das trübe, kalte London – das sind Zutaten, die mehr als perfekt für eine gruselige Lektüre klingen. Doch obwohl „Heute wirst Du sterben“ von Tammy Cohen mit dem Prädikat „Psychothriller“ versehen ist, bleibt die Spannung in Teilen leider auf der Strecke. Dabei könnte das Setting für einen Psychothriller kaum passender sein. Angesichts der wenigen Patientinnen, die in der Klinik behandelt werden, und der überschaubaren Mitarbeiterschaft,  mutet das 400-seitige Buch zu Anfang beinahe wie ein klassischer „Whodunnit“ im Stil von Altmeisterin Agatha Christie an.

Mehr Psychogramm als Psychothriller

Doch die angenehm kurzen Kapitel, die abwechselnd aus der Sicht von Hannah, ihrer Mutter Corinne und der Kunsttherapeutin Laura erzählt werden, machen schon bald deutlich, dass es sich hier vor allem um das Psychogramm einer jungen Frau handelt, der in ihrer Ehe ziemlich übel mitgespielt wurde. Das ist keineswegs unspannend, aber eben auch nicht der Psychothriller, den man hinter dem wohlklingenden Klappentext eigentlich vermuten durfte.

Obwohl durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven keine Langeweile aufkommt, fehlt das gewisse Etwas, das diesem Buch den richtigen Thrill verleiht. Die Story beinhaltet Momente, die durchaus zum Luftanhalten taugen, aber das reicht leider nicht aus, um durchgehend für Spannung zu sorgen.

Erst im Laufe der Geschichte fügen sich die einzelnen Fragmente des Romans zu einem großen Ganzen zusammen. Dabei kommt vor allem der Vergangenheit einiger Klinik-Bediensteter eine große Rolle zu. Die wird von Hannahs Mutter Corinne mit vollem Einsatz und beinahe detektivischem Gespür ans Tageslicht geholt. Abgesehen von dieser starken Person bleiben die anderen Charaktere relativ gesichts- und konturlos und wirken beliebig.

Ein altes Herrenhaus im nebligen London – Atmosphäre pur!

Schreiben kann Tammy Cohen, keine Frage. „Heute wirst Du sterben“ liest sich flüssig und geizt nicht mit einer lebendigen Atmosphäre. Die neblige, karge Winterlandschaft verleiht der Geschichte zusätzlich eine Trostlosigkeit, die die Klinik-Patientinnen ohnehin umhüllt. Das ist auch der gelungenen Übersetzung von Bernd Stratthaus zu verdanken.
In ihrer Danksagung verrät die Autorin, dass sie mit der Hilfe eines Facharztes zum Thema psychische Erkrankungen recherchiert hat. Die Patientinnen in „The Meadows“ leiden alle an unterschiedlichen Krankheiten. Tammy Cohen setzt sich in ihrem Roman unter anderem mit Depressionen, Zwangserkrankungen und Essstörungen auseinander.

Fazit:

Alles in allem ist „Heute wirst Du sterben“ kein schlechtes Buch, aber auch keines, das einen vom Hocker haut. Aus dieser Geschichte wäre so viel mehr herauszuholen gewesen. Die besten Voraussetzungen für einen richtig großen Wurf hatte dieser Stoff jedenfalls. Schade, denn Tammy Cohen hat leider eine Menge Potential verschenkt!

Heute wirst du sterben

Tammy Cohen, Blanvalet

Heute wirst du sterben

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