Im Morgengrauen

  • Ars vivendi
  • Erschienen: Januar 2018
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  • New York: W. W. Norton & Co., 2017, Titel: 'Fateful mornings', Originalsprache
  • Cadolzburg: Ars vivendi, 2018, Seiten: 350, Übersetzt: Anke Carolin Burger & Anna-Christin Kramer
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Jörg Kijanski
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2018

Landschaft, Bluegrass und Verbrechen

Officer Henry Farrell arbeitet als Gesetzeshüter in dem beschaulichen Wild Thyme, Pennsylvania, allein auf weiter Flur. Allerdings prägen, wenn überhaupt, auch eher alltägliche Bagatellen wie Drogendelikte seinen Job. Laut dem Infotext des Buchrückens kämpft er "gegen die Vergiftung seiner Welt durch Frackingunternehmen, Drogenkartelle und das große Geld." Es drängt sich jedoch der Verdacht auf, dass sich dieser Text eher auf das preisgekrönte Debüt "Auf der Jagd" (Edgar-Award) bezieht, denn dort spielte zumindest das Thema Fracking eine wichtige Rolle, hier kommt es nur an einer Stelle eher beiläufig vor.

Stattdessen verschwindet eines Tages die junge Penny Pellings spurlos und ihr Lebensgefährte Kevin O'Keeffe behauptet, einen Mann erschosssen zu haben. Davon will er allerdings schon wenig später nichts mehr wissen, treibt stattdessen Farrell an, seine Penny zu suchen.

Henry Farrell fahndet fieberhaft nach der jungen Frau und verdächtigt zunächst O'Keeffe selbst, denn dieser ist im Drogenrausch oft unberechenbar. Wie sich herausstellen wird hat O'Keeffe jedoch ein Alibi, wenngleich ein schlechtes. Er war zum Zeitpunkt von Pennys Verschwinden an einem anderen Ort an einem anderen Verbrechen beteiligt. Während über die nächsten Monate die Zeit ins Land zieht, bleibt Penny verschwunden. An eine lebende Rückkehr glaubt Farrell schon lange nicht mehr, allerdings gilt es zwischenzeitlich in weiteren Mordfällen zu ermitteln, die anscheinend miteinander zusammenhängen.

"Im Morgengrauen" weist einige Längen auf

Tom Boumans Debüt "Auf der Jagd" führte in die Niederungen des "American Way of Life", zu den Abgehängten der Gesellschaft, die irgendwie versuchen am Ende der Welt, sprich in Wild Thyme, zu überleben. Die "white trash people" spielen erneut eine Rolle, vordergründig in Person des Kevin O'Keeffe, der sinnbildlich aufzeigt, wie man sich sein Leben gleich selber kaputt machen kann.

Die zweijährige Tochter lebt bei einer Pflegemutter, die Freundin ist verschwunden und wenn er selbst nicht gerade Drogen nimmt oder im Gefängnis einsitzt, dann ist er immerhin ein wertvoller Arbeiter für Ed Brennan, der mit dem Bau eines neuen Ateliers beauftragt ist.

Auch Henry Farrell unterstützt seinen besten Freund Ed eifrig beim Bau, wodurch sich nicht zuletzt die Buchseiten füllen. Nebenbei wird erneut umfangreich musiziert, dem Bluegrass gehuldigt, ordentlich Alkohol konsumiert (eine anschließende Autofahrt für den Gesetzeshüter geht immer) und die Natur bewundert.

Selbst die Liebe kommt dieses Mal nicht zu kurz

Die Handlung zieht sich über mehr als ein Jahr und ist über weite Strecken geprägt von den Begebenheiten des Alltags, die das ein oder andere Verbrechen nicht ausschließen. Selbst die Liebe kommt dieses Mal nicht zu kurz, wenngleich sich Farrell hier auf ein sehr dünnes Eis begibt. Die umfangreiche Schilderung der Landschaften Pennsylvanias mit zahlreichen Orts- und Flussnamen sowie zahlreiche Nebenfiguren fordern vom Leser hohe Aufmerksamkeit.

Wer ein schlechtes Namensgedächtnis hat, könnte dabei an seine Grenzen stoßen. Erneut zeigt sich Tom Bouman als großer Erzähler, jedoch bietet "Im Morgengrauen" einige Längen, in denen sich der Autor eindringlich mit seinen Figuren und deren Schicksalen beschäftigt, ohne dabei den Krimiplot voranzutreiben. Wen dies nicht stört, der wird auch am zweiten Teil der Henry-Farrell-Reihe seinen (anspruchsvollen, mitunter etwas anstrengenden) Lesespaß haben. Der Roman ist jedoch durch und durch amerikanisch geprägt, auch dies soll vorsichtshalber nicht unerwähnt bleiben.

Im Morgengrauen

Tom Bouman, Ars vivendi

Im Morgengrauen

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