Das Böse, es bleibt

  • DVA
  • Erschienen: Januar 2018
  • 5
  • Turin: Einaudi, 2017, Titel: 'Lissy', Seiten: 424, Originalsprache
  • München: DVA, 2018, Seiten: 432, Übersetzt: Susanne van Volxem & Olaf Roth
Das Böse, es bleibt
Das Böse, es bleibt
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Jörg Kijanski
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2017

Der womöglich schrägste Thriller das Jahres

Robert Wegener, von allen nur Herr Wegener genannt, hat es geschafft. Als kleiner Junge verriet er 1944 einem Standartenführer das Versteck von vier amerikanischen Soldaten, danach wurde dieser sein Lehrmeister. So lernte er früh Gewalt in all seinen Facetten kennen, zum Dank erschoss er den Standartenführer als dieser vor Kriegsende flüchten wollte. Inzwischen sind dreißig Jahre vergangen und Herr Wegener ist in ganz Südtirol ein bekannter Mann. Mit diversen kriminellen Machenschaften hat er sich ein Kartell aufgebaut, beherrscht nach seiner Ansicht die Region.

Mit der 20 Jahre jüngeren Marlene hat er zudem seine Traumfrau gefunden, allein, hier liegt das Problem, denn Marlene hat ihn verlassen. Zudem mit einem Beutel voller Saphire, die in seinem Tresor lagerten. Mit den Edelsteinen wollte sich Wegener in das "Konsortium" einkaufen, eine geheimnisumwitterte Gruppe, die inzwischen die wahren Machthaber in Südtirol sind. Von einer Angestellten erfährt Wegener, dass seine Frau kürzlich am Telefon liebevoll von einem Klaus gesprochen habe und um seine Treue zum Konsortium zu untermauern, beauftragt Wegener den "Mann des Vertrauens", um Marlene zu finden und zu töten.

"Marlene ist so gut wie tot. Ich werde sie mit meinen eigenen Händen töten. Darauf können Sie sich verlassen."
"Wann?"
"Sobald meine Männer sie gefunden haben."
"Was macht Sie so sicher, dass das gelingt?"
"Ich gebe Ihnen mein Wort."
"Wann kapieren Sie endlich, dass Ihr Wort nichts wert ist?"

Marlene hat auf ihrer Flucht einen folgenschweren Unfall und erwacht auf einem abgelegenen Erbhof des Bauern Simon Keller. Dieser liebt die Abgeschiedenheit in den Bergen, wo er lediglich mit einem Stall voller Schweine lebt. Marlene genießt die Zeit ihrer Genesung, denn hier oben ist sie vor den Schergen ihres Mannes sicher. Was sie nicht ahnt, von dem vermeintlich harmlosen Bauern geht eine viel größere Gefahr aus...

Lissy, eine 400 Kilogramm schwere Sau, ist der Boss

Von Luca D'Andrea weiß man seit seinem Aufsehen erregendem Debütroman "Der Tod so kalt", dass er ungewöhnliche Plots zu gestalten weiß. Mit "Das Böse es bleibt" setzt er noch mal ordentlich einen drauf, denn die Story ist völlig abgefahren. Zunächst beginnt alles scheinbar normal. Marlene bedient sich am Tresor und flüchtet vor ihrem Mann, der um jeden Preis die Saphire zurück bekommen und den Verrat der geliebten Frau rächen will. 

Als er hinter die Identität von Klaus kommt, ist der geheimnisvolle "Mann des Vertrauens" bereits auf der Jagd und niemand kann ihn mehr stoppen. Ein weiteres Desaster für Wegener. So startet eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen, die den Leser mehrere Male mit überraschenden Wendungen nach Luft schnappen lässt.

"Ich glaube, es ist ein Wolf."
"Sehen Sie denn nicht, dass ihm die Kehle durchgeschnitten wurde? Sie glauben ja wohl nicht, dass ein Wolf&"
"In Südtirol gibt es keine Wölfe, ich weiß."
"Und Sie wissen auch, dass Wölfe niemanden mit einem Messer die Kehle aufschlitzen."
"Aber das hier ist ein besonderer Wolf. Einen Meter neunzig, schätze ich. Kräftig. Mit sicherer Hand. Der Schnitt ist ganz sauber. Kein Überlegen, kein Zögern. Eine unwiderrufliche Geste."

Wegener, Simon Keller und der "Mann des Vertrauens" sind alle mit Gewalt in unterschiedlichsten Facetten aufgewachsen. Religiöser Eifer, die Furcht vor Verdammnis, Machtgier, Besessenheit und Wahnvorstellungen geben sich die berühmte Klinke in die Hand. Es ist eine wilde, eine schräge Geschichte die D'Andrea erzählt und wenngleich man die Anzahl der Ermordeten nicht mitzählen möchte, wird sie dennoch recht gut verdaulich vorgetragen.

Dabei spielt sich der wichtigste Teil in den Bergen ab, wo Marlene erst ganz langsam erfährt, was es mit dem Geheimnis von Simon Keller auf sich hat. Dem Leser ergeht es nicht anders, er findet den Eigenbrötler zunächst fürsorglich und sympathisch, doch der Klappentext verrät es ja schon. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht. Es ist alles eine riesige Sauerei und dies im wörtlichen Sinne, denn Keller fühlt sich weit mehr als üblich, geradezu besessen, zu seiner Sau Lissy hingezogen, die es auf ordentliche vierhundert Kilogramm bringt.

Wer sich auf außergewöhnliche Plots einlassen möchte, findet hier eine ebenso schräge wie unterhaltsame Lektüre. Eine turbulente Achterbahnfahrt.

Das Böse, es bleibt

Luca D'Andrea, DVA

Das Böse, es bleibt

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