Isoliert

  • HarperCollins
  • Erschienen: Januar 2017
  • 1
  • Stockholm: Natur och kultur, 2016, Titel: 'Isola', Seiten: 319, Originalsprache
  • Hamburg: HarperCollins, 2017, Seiten: 303, Übersetzt: Stephanie Elisabeth Baur
Isoliert
Isoliert
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Carola Krauße-Reim
60°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2017

Beklemmender schwedischer Stresstest

Irgendetwas stimmt hier nicht

Doch was tatsächlich dahinter steckt, wird erst im dritten Teil mit den Verhören zu den Geschehnissen offenbar. Und hier wird der Thriller abgebremst. Was vorher an Spannung da war, wird mit langatmigen, viel zu detaillierten Schilderungen der Vernehmungen vor die Wand gefahren.

Auch mit den Charakteren wird der Leser nicht so richtig warm. Anna Francis wird als äußerst fähige Organisatorin geschildert, die von einem Auslandseinsatz traumatisiert und völlig erschöpft zurückgekehrt ist. Unfähig sich um ihre kleine Tochter zu kümmern, lebt diese weiterhin bei Annas Mutter.

Die vor ihr liegende Aufgabe nimmt Anna nur widerstrebend an. Das Bespitzeln von Leuten ist ihr zuwider, aber die Bezahlung so gut, dass sie danach aus dem Behördendienst ausscheiden könnte. Wenn dieser Charakter emotionaler und differenzierter geschildert worden wäre, und vor allem die Umstände für Annas physischen Zustand nicht so nebulös blieben, könnte der Leser wesentlich besser Zugang zu ihr finden und mit ihr mitleiden. Genauso ist es mit den anderen Personen. Keine ist wirklich zu greifen, keine wird eingehend charakterisiert. Die Stellung im System ist wesentlich wichtiger als persönliche Merkmale. Und so fällt es sehr schwer, wirklich Zugang zu den Personen zu finden, mit ihnen zu fiebern, sich mit ihnen zu ängstigen und auf Hilfe zu hoffen.

Einschüchterung, Manipulation und Täuschung

Mit Isoliert liefert die schwedische Journalistin und Fernsehmoderatorin Asa Avdic ihren ersten Roman ab. Sie schildert einen Staat, in dem die Partei allgegenwärtig ist, die Bürger bespitzelt werden und die Führungsriege Sonderrechte genießt. Leider kommt das in dem Roman viel zu flach und emotionslos rüber. Dem Leser wird die Möglichkeit genommen, sich in dieses Leben in einem Überwachungsstaat einzufühlen, wenn er es nicht schon aus eigener Erfahrung weiß.

Die Handlung selbst erinnert dann doch sehr an Agatha Christies "Und dann gabs keine mehr". Auch hier verschwindet einer nach dem anderen. Aber anders als bei Christie stehen in Isoliert nicht die Charaktere im Vordergrund, sondern die Situation in der sie sich behaupten müssen. Es ist erschreckend, wie weit die Führung für ihre Ziele geht, wie manipulativ sie ist und mit wie viel Menschenverachtung sie vorgeht. Aber genau darum ist Isoliert lesenswert. Es bleibt dem Leser gar nichts anderes übrig als über diesen Staat nachzudenken und über ihn zu reflektieren. Die Spannung, der "thrill" und die handelnden Personen sind nur Beiwerk.

Wer einen von vorne bis hinten spannungsgeladenen Thriller erwartet, wird von Isoliert enttäuscht sein. Wer aber bereit ist, hier Abstriche zu machen, und sich statt dessen Gedanken um "was wäre wenn" machen will, findet hier den Nährboden für solche Gedankenspiele.

Isoliert

Åsa Avdic, HarperCollins

Isoliert

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