De Gier im Zwielicht

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 1993
  • 8
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1993, Seiten: 181, Übersetzt: Jürgen Martin
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2003, Seiten: 181
De Gier im Zwielicht
De Gier im Zwielicht
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Wolfgang Weninger
15°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2003

Eine einzige Sammlung von Schwachsinn

Van de Weterings Helden aus früheren Kriminalromanen sind samt und sonders aus dem Polizeidienst ausgeschieden.Der Commissaris verbringt seinen wohlverdienten Ruhestand mit seiner Frau Katrin und einer Schildkröte. Adjutant Grijpstra hat genug nebenher verdient und ist zu seiner Freundin, der Ex-Prostituierten Nellie gezogen. Ihr kleines Hotel fungiert nunmehr als florierendes Detektivbüro.

Brigadier de Gier hat seinen Sack unsauberes Geld genommen und ist nach Amerika gezogen, wo er auf einer kleinen Insel in der Nähe von Jameson, Maine, Selbstfindung betreibt, in dem er sich besäuft und mit Drogen zudröhnt.

Bei Grijpstra läutet das Telefon. De Gier ruft von der anderen Seite des Atlantiks an. Im Drogenrausch hat er seine Freundin getötet und nun braucht er dringend Hilfe von seinem alten Kumpan. Und dieser macht sich natürlich sofort auf den Weg, besteigt die nächste El Al-Maschine und fliegt nach Boston, von wo es leider keinen Anschluss nach Maine gibt. Ein Unbekannter namens Ishmael bietet ihm eine Flugmöglichkeit in seinem alten Doppeldecker, der genau am Reiseziel eine Panne hat, weshalb die Maschine abschmiert und eine Bruchlandung verursacht, bei der gottlob nichts passiert.

Während des Fluges klärt Ishmael Grijpstra über die örtlichen Verhältnisse in Jameson auf. Der Ort gilt als Umschlagplatz für Drogen und kein Geringerer als der hiesige Sheriff ist Drahtzieher der gewinnbringenden Operationen. Happy Harry, wie der korrupte Bulle heißt, kontrolliert alles und jeden in seinem Revier.

Grijpstra gerät auf lebensgefährlichen Umwegen zu seinem Freund de Gier, und er beginnt zu ermitteln. Offensichtlich hat de Gier in seinem Rausch niemanden umgebracht, denn die Leiche taucht an anderer Stelle putzmunter auf. Doch eine Leiche, blond und mit zarten Beinen, hat es offensichtlich doch gegeben. Nur wer war sie, warum wurde sie ermordet und von wem? Und was hat de Gier damit zu tun?

Die Antworten auf diese Fragen erfährt man in Janwillem van de Weterings Roman De Gier im Zwielicht. Sehr plausibel sind diese Antworten allemal nicht, wie überhaupt das ganze Buch eine einzige Sammlung von Schwachsinn ist. Weterings Figuren sind samt und sonders korrupte Spinner und mit Vorurteilen beladen. Natürlich ist der Sheriff Happy Harry groß, dick und korrupt, die schönste Frau der Gegend ist lesbisch, der Jude Ishmael ein verrückter Sammler und Rauschgift nimmt ohnehin jeder. Diverse Nebengestalten sind grundsätzlich hässlich und dämlich und in diesem Format passen sie auch perfekt in die überspannte Handlung.

Wenn der Rezensent der Süddeutschen Zeitung dem Buch das Prädikat "Extravaganter Nervenkitzel" verpasst, verwechselt er offenbar Extravaganz mit krimineller Spinnerei. Auch wenn der Stil van de Weterings recht locker zu lesen ist und er offensichtlich einiges von Jazz und Rauschzuständen versteht, kann seine sprachliche Kompetenz die dümmliche Handlung und die hirnrissigen Verhaltensmuster der Personen nicht gerade biegen.

Das Buch liest sich wie ein drittklassiges Groschenheft und selbst Genre-Liebhaber werden Mühe haben, dieses Elaborat bis zur Seite 182 fertig zu lesen. Wobei auch dem Layouter des Rowohlt Taschenbuch Verlages eine Teilschuld zugewiesen werden muss, denn die Schriftgröße ist am Minimum des Lesbaren angelangt. Hier hilft wohl nur eines, nämlich die Finger von diesem Machwerk zu lassen.

De Gier im Zwielicht

Janwillem van de Wetering, Rowohlt

De Gier im Zwielicht

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