Ein Job für Delpha

  • Suhrkamp
  • Erschienen: Januar 2017
  • 1
  • El Paso: Cinco Puntos, 2015, Titel: 'The do-right', Seiten: 297, Originalsprache
  • Berlin: Suhrkamp, 2017, Seiten: 350, Übersetzt: Andrea Stumpf, Bemerkung: hg. von Thomas Wörtche
Ein Job für Delpha
Ein Job für Delpha
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Martin Krist
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2017

Wunderbar unaufgeregt

Bisher war das Leben nicht fair zu Delpha Wade: Mit 17 wurde sie von einem Duo aus Vater und Sohn vergewaltigt. Sie wehrte sich mit einem Messer, der Vater konnte entkommen, der Sohn kam um. 14 Jahre lang saß Delpha dafür im Knast.

Jetzt, 1973, in Freiheit entlassen, ist ihre Zukunft ebenso ungewiss wie die des Landes, das gerade vom Watergate-Skandal erschüttert wird. Während ihrer Jobsuche hagelt es eine Absage nach der anderen, keiner traut einer Mörderin über den Weg: »Wenn du deinen nackten Hintern auf meinen Schreibtisch schieben würdest, dann würde ich dir vielleicht einen Fünfer rüberschieben. Schätzchen, geschäftlich lass ich mich auf solche wie dich nicht ein.«

Im New Rosemont Hotel, einer billigen Rentnerabsteige, kriegt Delpha nur deshalb ein Zimmerchen, weil sie die 100-jährige, bettlägerige, senile Tante der Hotelbesitzerin wickelt, füttert, pflegt. Delphas einziger Hoffnungsschimmer: ein Job als Sekretärin für den frischgebackenen Privatdetektiv Tom Phelan.

Alles andere als ein Zufall

Dieser, ein Vietnam-Veteran, muss sich trotz seines Charmes, seiner Hartnäckigkeit und seiner guten Kontakte - sein Onkel ist ein Cop - die Zeit mit einem Haufen belangloser Fälle vertreiben: ein vergifteter Hund in der Nachbarschaft, eine Ehefrau, die ihren betrügerischen Gatten überführen möchte, ein vermisster, drogendealender Teenager, ein Beinamputierter, dessen Geschwister seine Prothese im Streit um eine Erbschaft gestohlen haben.

Delpha hilft, so gut sie kann, während sie sich allmählich in ihrem neuen Leben zurechtfindet. Eine große Hilfe ist ihr der junge College-Absolvent Isaac, der ihr ganz andere Seiten aufzeigt: »Ein gebügeltes Taschentuch und echten Respekt. Nette Gespräche, Spaß und Gesellschaft und Sex, der ihrer Möse, ihrem Hirn und ihrem Herzen guttat. Eine Frau zu sein, die sich einen Mann aussuchen konnte, Ja sagen konnte, nicht die Art Frau, deren Fingernägel abbrachen, weil sie sich an einer Schreibtischkante festkrallte, während ihre Wange über das Holz schrammte.« Dumm nur, dass Isaacs Mutter etwas gegen ihre Beziehung hat und dies aus gutem Grund.

Ebenso wenig Zufall ist es, dass zur gleichen Zeit Phelan herausfindet, dass die gehörnte Gattin, die ihn beauftragt hat, gar nicht mit dem Mann verheiratet ist, den es zu überwachen gilt.

Alles hat mit allem zu tun

Zugegeben, bis hierhin - etwa bis zur Romanhälfte - verfolgt der Leser zunehmend irritiert die vielen, vermeintlich verschiedenen Fälle, in denen Delpha und Phelan ermitteln. Hat sich deren Schöpferin, die sich bislang nur einen Namen als Autorin herausragender Kurzgeschichten machte, mit ihrem Debütroman womöglich verzettelt?

Ganz im Gegenteil: Mit erstaunlicher Leichtigkeit, wunderbar unaufgeregt und nahezu unblutig, verwebt sie alle ihre Puzzleteile Stück für Stück zu einer großen Verschwörung: Es geht um Industriespionage, natürlich viel Geld, sogar um einen Serienmörder. Auch Delphas flüchtiger Vergewaltiger taucht wieder auf und fügt sich, man glaubt es kaum, nahtlos in das Gesamtbild ein.

Kurzum: ein Krimi der leisen Töne, aber mit ziemlich großer Wirkung.

Ein Job für Delpha

Lisa Sandlin, Suhrkamp

Ein Job für Delpha

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