Schere 9

  • Emons
  • Erschienen: Januar 2016
  • 2
  • Köln: Emons, 2016, Seiten: 255, Originalsprache
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Birgit Stöckel
86°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2017

 Untreue wird mit Tod bestraft

Isabella Archan hat bereits zwei Krimiserien veröffentlicht - einmal um die Kommissarin Willa Stark und einmal um Leocardia Kardiff, eine Zahnärztin mit Spritzenphobie. Und mit beiden hat sie sich in die Herzen einer größer werdenden Fangemeinde geschrieben.

"Schere 9"ist nun ein als Stand-Alone geplanter Thriller um ein neues Ermittlerteam mit Hauptkommissar Karl-Heinz Baldur als Hauptfigur.

Kommissar Baldur lebt und ermittelt in Köln, er ist seit einigen Jahren mit seiner Verlobten Rita liiert - und er ist ein notorischer Fremdgänger. Nichts Ernstes, nur ein bisschen Abwechslung hier und da, schließlich ist es schwer, einer Versuchung zu widerstehen. Seine letzte unverbindliche Affäre ist ausgerechnet Ritas beste Freundin - und der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Als Reaktion verübt Rita einen Giftanschlag auf Karl-Heinz, den dieser überlebt. Sie wird in die Psychiatrie eingewiesen, er nach Frankfurt am Main versetzt. So weit die Ausgangssituation.

Mörder hält dem Kommissar den Spiegel vor

Nach seiner Versetzung wird Baldur gleich mit einem Fall konfrontiert, der ihn zwingt, sich mit sich selbst und seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. "Die Fremdgänger-Morde", wie die Zeitungen titeln, halten Polizei und Stadt in Atem. Mehrfach werden Männer mittleren Alters brutal ermordet aufgefunden. Alles langjährig verheiratete Männer mit Familie, die für ihr kurzes Abenteuer mit dem Leben bezahlen müssen.

Unterstützt wird Heinz Baldur bei den Ermittlungen von Kommissar Thomas Habermann und Kommissarsanwärterin Melek Arslan und Unterstützung hat er bitter nötig, denn die Ermittlungen wollen nicht so recht vorangehen, da es so gut wie keine verwertbaren Spuren gibt. Und Baldur passt perfekt in das Beuteschema.

Spannend, fesselnd, düster und mit subtilem Humor unterlegt

"Schere 9"ist ein ausgesprochen gelungener Roman, wobei die Aufschrift "Kriminalroman"dem ganzen nicht gerecht wird, Thriller wäre wesentlich passender. Die Beschreibungen der Folter- und Tötungsarten sowie der aufgefundenen Leichen sind explizit und brutal, das ist nichts für schwache Nerven. Es gibt auch eine Szene, in der eine hungrige Katze als erstes am Tatort ist und sich eben wie eine Katze verhält. Auch da darf man beim Lesen nicht zimperlich sein.

Doch geben diese Schilderungen der ganzen Geschichte neben Spannung auch eine gewisse Würze. Das vermitteln auch die Szenen, die aus Tätersicht geschrieben sind. Egal ob über einen Facebook-Chat, einen Dialog oder über Innenansichten, es ist immer wieder spannend, über die dunkle Seite zu lesen und zu versuchen, die Beweggründe der Mörder oder Mörderinnen zu ergründen. Zudem gewinnt man einen Wissensvorsprung und ist früher als Baldur und sein Team auf der richtigen Fährte. Es wird allerdings trotzdem nicht langweilig, da Archan geschickt noch die eine oder andere Wendung einbaut.

Karl-Heinz Baldur ist eine interessante Persönlichkeit. Zunächst mag er wenig sympathisch erscheinen, da er von Treue nicht viel hält, doch der Anschlag verändert ihn - und diese Veränderung begleitet der Leser. Es scheint ja momentan kaum ein Krimi ohne tief traumatisierten Ermittler auszukommen, und natürlich hinterlässt der Giftanschlag Spuren in Baldurs Psyche. Glücklicherweise nehmen diese nicht den Großteil seiner Persönlichkeit ein, sondern sind geschickt in das Gesamtportrait des Protagonisten eingewoben.

Zudem scheint es noch weiteren seelischen Ballast zu geben, und dann taucht sein alter Kumpel Louis wieder auf, der ihm immer in schwierigen Zeiten beizustehen scheint. Doch irgendetwas scheint nicht mit Louis zu stimmen, und bald stellt sich dem Leser die Frage: Wahn oder Wirklichkeit?

Richtiger Ton auch bei der Perspektive der Katze

Auch sprachlich kann sich "Schere 9"sehen lassen. Egal, ob Archan ihre Leser direkt anspricht, aus der Sicht Baldurs, Habermanns oder Aslurs erzählt, die Perspektive eines der Opfer, des Täters oder der Täterin oder auch die einer Katze wählt, sie trifft stets den richtigen Ton. Unterlegt ist das Ganze mit einer gehörigen Portion trockenen Humors, so dass das Lesen Spaß macht und man das Buch kaum aus der Hand legen möchte.

"Schere 9"ist ein unterhaltsamer, spannender Thriller mit einem gelungenen Ermittler(team). Es ist wirklich schade, dass dies das einzige Buch für Hauptkommissar Baldur und seine Kollegen werden soll.

Schere 9

Isabella Archan, Emons

Schere 9

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