Toteneis

  • Aufbau
  • Erschienen: Januar 2017
  • 2
  • Berlin: Aufbau, 2017, Seiten: 400, Originalsprache
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Brigitte Grahl
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2017

Wenn Gut und Böse verschwimmen

Ich bin kein Fan von deutschen Krimis, gerade, wenn es sich um so genannte Regionalkrimis handelt. Und bei Autoren, die ein Buch nach dem anderen "raushauen", bin ich auch skeptisch, ob es sich hierbei nicht um Routinearbeit nach Schema F handelt. Neben der Hannah-Jakob-Reihe mit mittlerweile fünf Bänden versorgt Katharina Peters auch eine Rügen- und Wismar-Krimireihe mindestens einmal im Jahr mit neuen Büchern. Obwohl also alle Kriterien zutreffen, hat mich die Autorin wider Erwarten positiv überrascht.

In "Toteneis", dem fünften Band der Reihe um Hannah Peters, bekommt es die Kriminalpsychologin mit dem Spezialgebiet vermisste Frauen und Kinder mit einem alten Gegner zu tun, den sie einst hinter Gitter brachte. Die Ex-Frau des ehemaligen rumänischen Geheimdienstmannes Roman Radu wurde ermordet. Radu sitzt zwar dank Hannah im Knast (siehe Band 2 "Wachkoma"), scheint aber der Drahtzieher hinter diesem und weiteren Morden zu sein.

Die Wege des Schattenmannes und von Hannahs Team kreuzen sich

Die toten Tiere, die sich bei den Leichen finden, deutet Hannah als persönliche Drohung. Schließlich hat Radu schon einmal versucht, ihren geliebten Hund Kotti als Einschüchterung töten zu lassen. Nur dumm, dass der damalige Killer sich entschlossen hatte, den Hund leben zu lassen und dessen Frauchen künftig zu beschatten und zu beschützen. Auch in diesem Fall kreuzen sich wieder die Wege von dem "Schattenmann" und Hannas Team, das bei der Auflösung der Morde lange im Dunkeln tappt.

Katharina Peters schreibt klassische Krimis, in denen die Ermittlungsarbeit im Vordergrund steht. Ihre Hauptfigur Hannah Jakob ist angenehm normal und kein beinahe schon genretypischer gestörter, misogyner, traumatisierter Charakter. Dabei hätte Hannah allen Grund dafür: Ihre Schwester verschwand vor vielen Jahren (der Fall wird in "Abrechnung", dem vierten Band der Reihe, aufgelöst). Auch die wiederkehrenden Nebenfiguren ihres Teams sind sympathisch und bodenständig gezeichnet und erhalten genügend Raum, um im Gedächtnis zu bleiben. Selbst die Personen, die nur einmal kurz auftauchen, erhalten von Peters ein eigenes Profil.

Kriminal-Psychologin arbeitet an komplexen und vielseitigen Fällen

Die Fälle, an denen die sympathische Kriminal-Psychologin arbeitet, sind komplex und vielseitig. Es handelt sich mal nicht (nur) um die typischen Themen Kindesmissbrauch und Serienkiller. In "Toteneis" dreht es sich zum Beispiel um Tierquälerei, NS-Raub und den rumänischen Geheimdienst. Trotzdem schafft es Peters, die vielen Themen logisch miteinander zu verknüpfen und unvorhersehbare Wendungen einzubauen. Als Leser ist es allerdings nicht ganz einfach, den Überblick über die vielen Personen zu behalten.

Neben der abgeschlossenen Haupthandlung führt die Autorin auch Handlungsstränge aus früheren Bänden weiter. Da ist der "Schattenmann", der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Hannah zu beschützen und sich dabei auch in ihre Ermittlungen einzumischen. Im mittlerweile fünften Band der Reihe wird das auch der bisher ahnungslosen Kriminalpsychologin endlich klar. Wer die vorherigen Bände nicht kennt, kann trotzdem problemlos in die Reihe einsteigen. Peters streut die nötigen Infos gekonnt unauffällig in den Text ein.

Katharina Peters Krimis sind klassisch aufgebaut, mit einem Prolog aus Sicht des Opfers und einem Epilog, der eine Fortsetzung andeutet. Der Leser nimmt an den Mutmaßungen, Irrtümern und Erkenntnissen der Ermittler teil, ist ihnen aber im Laufe der Handlung ein kleines Stück voraus, da er auch die Szenen aus der Erzählperspektive anderer Figuren kennt.

Die Spannungskurve steigt kontinuierlich an

Alles in allem gibt es nicht viel auszusetzen an Katharina Peters Krimis. Manchmal klingt die Sprache ein wenig nach Liebesroman oder für gesprochene Sprache zu gewählt im Ausdruck. Ihre Krimis sind keine Thriller und erzeugen keine "nägelkauende" Hochspannung, aber die Spannungskurve steigt kontinuierlich. Die Plots sind interessant und vielseitig und die Wendungen unvorhersehbar. Die Fälle werden logisch aufgelöst, ohne dass sie auch zu 100 Prozent abgeschlossen werden (können). Die Personen handeln nachvollziehbar, auch wenn die "Guten" sich falsch verhalten und die "Bösen" für Gerechtigkeit sorgen.

Es gibt deutsche Krimischreiber, die sich nicht um Logik und Glaubwürdigkeit scheren und trotzdem wesentlich bekannter und erfolgreicher sind als Katharina Peters. Dabei kann sie ihnen locker das Wasser reichen und hätte mehr Aufmerksamkeit verdient. Für mich ist die Autorin eine Entdeckung und ich freue mich auf den nächsten Band der Reihe.

Toteneis

Katharina Peters, Aufbau

Toteneis

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