Die Schuld vergangener Tage

  • Penguin
  • Erschienen: Januar 2016
  • 1
  • Pymble: HarperCollins, 1998, Titel: 'An iron rose', Seiten: 280, Originalsprache
  • München: Penguin, 2016, Seiten: 330, Übersetzt: Hans M. Herzog
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Jörg Kijanski
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2016

Ein Frühwerk des australischen Krimi-Großmeisters

MacArthur John Faraday arbeitet seit nunmehr fast fünf Jahren als Schmied in einem kleinen Kaff abseits von Melbourne. Hochwertige Zäune und Tore sind sein Metier, doch dies war nicht immer so. Zuvor arbeitete er dreizehn Jahre bei den Feds, der australischen Bundespolizei, in Canberra, wo es einen unschönen Abschied gab, dessen Hintergründe bis heute ungeklärt sind.

"Ein Typ kam rein, trat direkt hinter ihn, zog seine große Achtunddreißiger vorne aus'm Anorak. Drei Schüsse. Peng. Peng. Peng. Hinterkopf, zweimal Wirbelsäule. Marschiert zur Tür raus. Weg isser."
"Hat man ihn erwischt?"
"Keine Zeugen. Sechzehn Leute im Pub, keiner hat irgendwas gesehen."
"Komische Sache. Man ist so damit beschäftigt, über Footy zu reden, dass man gar nicht mitbekommt, wenn sie jemanden neben einem erschießen und man das ganze Blut abkriegt."

"Mac. Ned ist tot." Mit diesen Worten beginnt "Die Schuld vergangener Tage". Der achtzehnjährige Lewis Lowey lebte mit seinem Großvater zusammen, dessen Leiche nun im Schuppen baumelt. Ein Selbstmord? Von Ned? Im Nachlass seines engsten Freundes findet er drei ältere Zeitungsartikel, in denen es um die Leiche einer ermordeten Teenagerin geht, die vor über zehn Jahren in einem Bergwerkschacht gefunden wurde.

Faradays Neugier ist geweckt, eine erste Spur führt nach Kinross Hall, einer Einrichtung für Mädchen aus schwierigen Familienverhältnissen. Faraday findet im Lauf seiner Recherchen heraus, dass wohl noch andere Mädchen misshandelt wurden, doch kommt er den Tätern zunächst nicht auf die Spur. Dann holen ihn die Ereignisse aus seinem alten Leben wieder ein und plötzlich scheint dies nicht mehr viel wert zu sein...

Einstieg in das Werk des preisgekrönten Bestsellerautors

Australien war lange Zeit ein dunkler Fleck auf der Krimilandkarte. Erst in den letzten zwanzig Jahren hat sich dies verändert, allen voran dank Autoren wie Gary Disher und eben Peter Temple, der gleich fünf Mal den Ned Kelly Award, Australiens wichtigsten Krimipreis, gewinnen konnte. Bis zu seinem Tod am 8. März 2018 galt Temple als die Nummer Eins unter den Krimiautoren von down under. Der 2016 im Penguin Verlag erschienene Thriller "Die Schuld vergangener Tage" ist allerdings ein Frühwerk, das im Original bereits 1998 erschien ("An Iron Rose").

Vermutlich wurde es noch schnell ausgegraben, da die Romane Temples sich zwischenzeitlich gut verkauften. Dies würde auch erklären, warum es kleinere Unstimmigkeiten beispielsweise bei Zeitangaben gibt. Auch der Name des Protagonisten stellt den Leser zu Beginn vor ein Verständnisproblem, denn MacArthur John Faraday nennt sich selber mal "Mac", mal "John", was dann doch leichte Verwirrung auslöst. Wie auch immer, "Die Schuld vergangener Tage" mag schon zwanzig Jahre auf dem Buckel haben, lesenswert ist dieser Roman auf jeden Fall.

"Wo bist du?"
"Irgendwo in der Pampa. Man will mich umbringen."
"Schon wieder?"
"Ja."
"Offenbar Lehrlinge."

Der Einstieg ist nicht unbedingt einfach, zahlreiche Personen- und (unbekannte) Ortsnamen wollen zugeordnet werden. Zudem tritt die eingangs geschilderte Handlung (vermeintlicher Selbstmord von Ned) recht schnell in den Hintergrund, da Faradays frühere Kollegen noch immer aktiv sind und er deren Handlungskreise stört.

Dabei kann sich Faraday nicht sicher sein, wem er überhaupt trauen kann, denn wann immer er neue Gesprächspartner, also mögliche Zeugen, auftreibt, kommt es überraschend häufig zu unerwarteten Todesfällen. Besonders in der zweiten Hälfte steigt die Sterbequote beachtlich.

Da zwei unterschiedliche Erzählstränge ineinandergreifen und der Autor häufig nur Andeutungen macht, worum es gehen könnte, ist ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit beim Lesen hilfreich. Mal so eben nebenbei geht nicht. In "Die Schuld vergangener Tage" zeigt Peter Temple noch nicht sein meisterhaftes Können, legt aber einen packenden Thriller vor, der als Einstieg in dessen Gesamtwerk durchaus Beachtung verdient. Der klassische "privat eye" mit Durchschlagskraft und Sexappeal schlägt sich mit Tatkraft und Wortwitz ("so gut wie ein selbst gehäkeltes Kondom") durch.

Wer danach sein Interesse an australischen Krimis geweckt sieht, der greife auch gerne zu Romanen des bereits erwähnten Gary Disher oder den Newcomern wie Candice Fox, Jane Harper, Alan Carter und David Whish-Wilson, um nur einige zu nennen.

Die Schuld vergangener Tage

Peter Temple, Penguin

Die Schuld vergangener Tage

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