Remember Mia

  • GoyaLiT
  • Erschienen: Januar 2016
  • 9
  • New York: Berkley, 2015, Titel: 'Remember Mia', Originalsprache
  • Hamburg: GoyaLiT, 2016, Übersetzt: Jana Schulz
Remember Mia
Remember Mia
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Jörg Kijanski
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2016

Ermordete die Mutter ihre eigene Tochter?

Es ist der ultimative Horror für jede Mutter. Die eigene Tochter ist verschwunden. Estelle brachte die sieben Monate alte Mia in ihr Bettchen, verschloss die Wohnungstür und ging schlafen. Am nächsten Morgen ist alles wie immer bis Estelle feststellt, dass Mia verschwunden ist. Nicht nur das, es fehlen nahezu sämtliche Sachen, die ihrer Tochter gehören.

 

"Mrs. Paradise, Kinder verschwinden nicht einfach aus einer verschlossenen Wohnung. Sie verschwinden nicht spurlos. Wollen Sie behaupten, dass jemand durch Wände gehen und einen Schrank voller Babykleidung und ein Dutzend Säuglingsflaschen verschwinden lassen kann? Windelpackungen? Und das alles, während Sie geschlafen haben?"

 

Wenige Tage später. Estelle erwacht aus dem Koma. Schwer verletzt wurde sie aus ihrem Auto befreit, nachdem sie in eine Schlucht stürzte. Eine Schussverletzung stammt jedoch nicht von dem Unfall, der sich rund drei Autostunden von ihrer Wohnung entfernt zugetragen hat. Estelle leidet an Amnesie, kann die letzten Tage nicht erinnern. Mühsam ergibt sich ein Bild über die Zeit unmittelbar vor und nach Mias verschwinden. Aber nicht nur die Polizei stellt sich die Frage, welche Rolle die verzweifelte Mutter hierbei spielte? Um einer Anklage zu entgehen, willigt Estelle einer psychiatrischen Behandlung zu, die ihr die verlorene Erinnerung wiederbringen soll ...

Ohnmacht, Wahnsinn, Obsessionen und "technische Fouls".

In ihrem Debütroman greift Alexandra Burt ein Thema auf, das wohl nur wenige Menschen kalt lassen dürfte. Ein sieben Monate altes Mädchen verschwindet, die Mutter ist völlig verzweifelt, zumal nicht ausgeschlossen ist, dass sie selber mit dem Verschwinden ihrer Tochter zu tun hat. Was folgt sind Rückblicke, in der die Protagonistin und Ich-Erzählerin einen Einblick in ihr bisheriges Leben gibt. Schnell wird klar, dass Estelle keine "normale" Mutter war. Sie hatte es in ihrem Leben nicht einfach, musste Rückschläge hinnehmen. Andere Menschen meidet sie, hat wenig Selbstbewusstsein und so erscheint es wie das große Glück ihres Lebens, dass der aufstrebende Anwalt Jack Connor eines Tages ihr Herz erobert. Es folgen Hochzeit, Geburt der Tochter und nur wenig später erste Risse in der noch jungen Ehe. Mia schreit immerfort, hat seit der Geburt ständig Koliken. Während Estelle von Arzt zu Arzt rennt, glaubt Jack, dass seine Frau schlichtweg unfähig ist, sich ansprechend um das Kind zu kümmern. Es kommt zur Trennung.

Die Polizei verdächtigt derweil Estelle, denn ihr Verhalten unmittelbar nach Mias Verschwinden ist sonderbar. Sie informierte weder direkt ihren Mann noch die Polizei. Einzige Hoffnung bietet die psychiatrische Klinik von Creedmoor, wo der hoch angesehene Dr. Ari sich des Falles annimmt.

 

"Ich sehe Dr. Ari an. Auf diesen Moment haben wir beide gewartet. Er will das Rätsel lösen, das nicht einmal die New Yorker Polizei knacken konnte. Er ist eine Legende, weil er den Vergesslichen die Erinnerung wiedergibt, und hat einen Ruf zu verlieren. Und ich ... wenn ich keine logische Erklärung finden kann, droht mir ein Leben im Gefängnis. Ich habe Glück - falls man in so einer Lage von Glück sprechen kann -, dass New York vor Jahren die Todesstrafe abgeschafft hat. Ich kann natürlich immer noch auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren, denn welche geistig gesunde Mutter bringt ihr kleines Kind um? Und selbst wenn ich sie nicht umgebracht habe: Welche geistig gesunde Frau weiß nicht, wo ihre Tochter ist? Egal wie, der Schwarze Peter liegt immer bei mir."

 

Der Plot ist durchaus spannend, hat aber einige Schwächen. So wirkt Estelle meist überfordert und desorientiert. Sympathie beim Leser kommt da kaum auf, eher Mitleid und große Überraschung darüber, dass sie zum Ende hin plötzlich recht selbstbewusst auftritt. Die Auswahl jener Personen, die neben Estelle für das Verschwinden Mias verantwortlich sein könnten, ist äußerst überschaubar. Gleichwohl bietet die Auflösung einige turbulente Kapriolen, in denen Obsession, Ohnmacht und Wahnsinn eng beieinander liegen. Teile des Plots funktionieren aber nur, da die Autorin sich einiger "technischer Fouls" bedient. So folgt beispielsweise im späteren Verlauf die ersehnte Erklärung, wie Mia aus der verschlossenen Wohnung verschwinden konnte. Doch hätte sich die Polizei die Wohnung gründlich angesehen ... Überhaupt spielt die Polizei eine erstaunlich unbeteiligte Rolle und dies beim Verschwinden eines Kleinkindes. Ermittelt sie überhaupt?

Zudem besteht der größte Teil der Handlung verständlicherweise aus Rückblenden, die aber in dieser Ausführlichkeit nicht hätten sein müssen; Längen und Wiederholungen inklusive. Wer psychologische Spannungsromane mag, sollte nicht zuletzt angesichts der ungewöhnlichen Ausgangslage dennoch zugreifen.

Remember Mia

Alexandra Burt, GoyaLiT

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