Mörderische Wahrheiten

  • List
  • Erschienen: Januar 2016
  • 4
  • Berlin: List, 2016, Seiten: 496, Originalsprache
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Andreas Kurth
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2016

Hinter der Fassade lauert der Wahnsinn

In der österreichischen Hauptstadt Wien wird im Prater die Leiche einer 14-Jährigen gefunden - bekleidet mit einem gelben T-Shirt, grauen Shorts und rosa Lack auf den Fingernägeln. Das Outfit und die 21 Messerstiche, mit denen das Mädchen getötet wurde, erinnern die Polizei an den Modus operandi des Serienmörders Alfred Riedl, der vor 30 Jahren einige Kinder auf die gleiche Weise getötet hat. Verstörend wirkt auf die Ermittler zudem, dass seine DNA auf der aktuellen Leiche gefunden wird, denn Riedl ist seit einigen Tagen tot.

Der frühere Polizist Konrad Fürst hat damals die Ermittlungen gegen Riedl geleitet - und wacht gerade aus einem eineinhalbjährigen Koma auf. Er erinnert sich an nichts, auch nicht daran, dass Carlotta Fiore vermutlich seine Tochter ist. Die Kaufhaus-Detektivin soll nach dem Willen von Kommissar Heinz Krump dafür sorgen, dass sich Konrad wieder erinnert, um den Ermittlern helfen zu können. Schon bald werden weitere Leichen von Jugendlichen gefunden - alle nach dem gleichen Muster getötet. Carlotta und Konrad stehen mächtig unter Druck - sie müssen den Mörder finden, sonst werden noch mehr Kinder sterben.

Spannende Geschichte um eine chaotische Detektivin

Theresa Prammer knüpft mit ihrem zweiten Roman Mörderische Wahrheiten direkt an die Handlung des Vorgängerbandes an. Das macht es für Neueinsteiger zunächst nicht ganz einfach, die Zusammenhänge und Einzelheiten zu verstehen, die Autorin gibt sich jedoch redliche Mühe, dieses Manko durch eingestreute Erläuterungen möglichst schnell auszugleichen, was ihr in meinen Augen auch gut gelingt.

So wird man schon bald von der interessanten und spannenden Geschichte um die chaotische Detektivin und ihren an Amnesie leidenden Vater gefesselt. Fiores Lebenspartner Hannes kommt kaum über die Rolle des bemühten Polizisten und enttäuschten Freundes hinaus. Zu sehr dominiert Carlotta als Hauptfigur die gesamte Geschichte, und auch ihr Vater wird vor allem in seiner Beziehung zu ihr dargestellt.

Sie vernachlässigt angesichts der turbulenten und dramatischen Ereignisse ihren langweiligen Job als Kaufhaus-Detektivin, wird daher auch bald gefeuert, und sie vernachlässigt vor allem ihre Rolle als Mutter. Verständlich wird Carlottas chaotisches Leben für den Leser durch die Vorgeschichte mit ihrer falschen Mutter und dem - scheinbar - richtigen Vater. Das wird Scheibchen-weise enthüllt und erläutert, was die Lektüre neben der steigenden Spannung außerordentlich kurzweilig macht.

Vergleiche mit Protagonisten anderer Autoren sind problematisch

Die Protagonistin ist schon eine spezielle Figur, aber da ich solche Vergleiche immer problematisch finde, halte ich auch nichts davon, dass der Verlag Carlotta Fiore mit der Figur Brenner von Wolf Haas vergleicht. Die Anmerkung auf dem Buchrücken, sie sei das weibliche Pendant zu Brenner, ist daher in meinen Augen schlichtweg deplatziert.

Carlotta kämpft tapfer gegen ihre inneren Dämonen, und versucht, sich auf die Aufklärung der Mordserie zu konzentrieren. Das wird ihr durch ihre private Situation, und vor allem durch ihr spezielles Verhältnis zu Konrad Fürst nicht gerade leicht gemacht. Persönliche Krisen wechseln sich mit Fortschritten bei den Ermittlungen ab, so werden Protagonistin und Leser ständig in Atem gehalten.

Carlotta Fiore und der ungewöhnliche Kriminalfall fesseln gleichermaßen. Aber neben der jungen Detektivin hat Theresa Prammer einige weitere Protagonisten ins Rennen geschickt, die die Lektüre unterhaltsam machen.

Liebenswerte Figuren und menschliche Dramen

Konrad Fürst ist so eine liebenswerte Figur. Sein Weg zurück in die Erinnerung und damit in ein normales Leben findet unter denkbar merkwürdigen Umständen statt. Sein Verhältnis zu seiner Tochter, zur Nachbarin, und zu früheren Kollegen steht exemplarisch dafür, wie Theresa Prammer mit verwickelten und zuweilen verdeckten Beziehungen arbeitet, die ihre Geschichte mehr als "würzen".

Zum Erfolgsrezept des Romans gehört aber auch die Mordserie, deren Motiv sich erst ganz am Schluss erschließt. Und neben den Teenager-Morden hat die Autorin so einige menschliche Dramen eingebaut, die eine langsame und aufmerksame Lektüre angeraten erscheinen lassen - sonst könnte es passieren, dass der Leser einige Nuancen nicht mitbekommt. Ein faszinierender Roman, mit viel Spannung und außergewöhnlichen Protagonisten - es lohnt sich, die Lektüre in Ruhe zu genießen.

Mörderische Wahrheiten

Theresa Prammer, List

Mörderische Wahrheiten

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