Das abenteuerliche Leben des Deadwood Dick

  • Tropen
  • Erschienen: Januar 2016
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  • New York: Mullholland Books, 2015, Titel: 'Paradise Sky', Seiten: 400, Originalsprache
  • Stuttgart: Tropen, 2016, Seiten: 480, Übersetzt: Conny Lösch
Das abenteuerliche Leben des Deadwood Dick
Das abenteuerliche Leben des Deadwood Dick
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Jürgen Priester
84°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2016

Auf der Flucht

Wirft man einen Blick auf die Bibliographie des Autors, kann man anerkennend festhalten: Joe R. Lansdale ist ein fleißiger Mann. Die Krimi-Couch schreibt in Lansdales Kurzbiographie dazu: "In rasantem Tempo, mit einer unbändigen Freude am Genremix und am Auf-die-Spitze-Treiben (dem »Mojo-Storytelling«) legte er Story auf Story vor."

Auch an Übersetzungen ins Deutsche mangelt es mittlerweile nicht mehr. Nach einem ersten Schwung an Übersetzungen Ende der 1990er Jahre, schwerpunktmäßig die Romane aus der Hap-Collins-&-Leonard-Pine-Reihe, blühte das Interesse der deutschen Verlage und Leser erst mit Beginn der zweiten Dekade diesen Jahrhunderts wieder auf. Mehrere deutsche Verlage schöpfen aktuell aus dem reichen Fundus des Schriftstellers. Das hier vorliegende Das abenteuerliche Leben des Deadwood Dick, erschienen im Tropen-Verlag (2016), übersetzt von Conny Lösch, liegt Lansdales aktueller Roman "Paradise Sky" (2015) zugrunde.

Das abenteuerliche Leben des Deadwood Dick spielt Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts in verschiedenen Bundesstaaten der USA, hauptsächlich in Texas. Der Roman ist ein Western mit (fast) allen Zutaten, die das Subgenre so bieten kann: öde Landschaften, verschneite Wälder, tiefe Schluchten, eine Goldgräberstadt, Saloons, Säufer, Huren, Revolverhelden, lebende Legenden, Marshals, US-Kavallerie, Indianerüberfall, Farmen, Siedler, Planwagen. Man muss tatsächlich schon ein Faible für diese Art von Abenteuerroman haben, der sich eher an ein amerikanisches Publikum wendet.

Der Roman erzählt aus der Ich-Perspektive die Geschichte eines schwarzen Jugendlichen, der zum Mann reift. Als Willie Jackson wurde er geboren, nannte sich selbst an einem bestimmten Punkt Nat Love, wurde dann später zu Deadwood Dick, einer Westernlegende, über die Heftromane geschrieben wurden.

Der 20-jährige Willie Jackson bewirtschaftet zusammen mit seinem Vater eine kleine abgelegene Farm. Es reicht gerade mal zum Überleben. Eines Tages auf dem Weg zum Einkaufen im Ort bleibt sein Blick zulange auf dem prallen Hinterteil einer weißen Farmersfrau haften. Der rassistische Ehemann bemerkt das, rastet völlig aus und schwört ewige Rache, die er auch sofort umzusetzen beginnt. Willie muss fliehen. Das Glück bleibt ihm aber hold. Er kommt bei einem alleinstehenden Farmer unter. Bei ihm bleibt Willie über Jahre, in denen er viel lernt. Doch der rachsüchtige Psychopath hat nicht aufgeben. Willie, der sich nun Nat Love nennt, muss erneut fliehen. Nach vielen Stationen und Abenteuern kommt er in die Goldgräberstadt Deadwood. Dort kann er sich behaupten, lernt Wild Bill Hickock und Calamity Jane kennen und findet die große Liebe. Doch der Rächer ist ihm auf den Fersen geblieben. Willie weiß, dass er dieser Rachegeschichte ein Ende bereiten muss. Mit dem Selbstbewusstsein eines Deadwood Dick der Ehrenname, der ihm wegen seiner hervorragenden Schießkünste verliehen wurde steuert er einen finalen Showdown an.

Joe R. Lansdale beschäftigt sich in seinen Romanen mit dem Zustand der amerikanischen Gesellschaft, dabei verlegt er gerne die Handlung in zurückliegende Jahrzehnte oder wie im Fall dieses Romans ins 19. Jahrhundert. Zwei herausstechende Aspekte, das liest man bei Lansdale und bei vielen seiner Kollegen, prägen die amerikanische Gesellschaft in der Vergangenheit und in der Gegenwart, das sind Rassismus und Gewaltbereitschaft. Mit beidem wird Willie Jackson, der Held des Romans, täglich konfrontiert. Dass er das relativ unbeschadet übersteht, macht ihn zu einer Ausnahme. Diese Art von Überhöhung gehört wohl zum Wesen eines Heldenepos. Muss man nicht gut finden. Es erinnert den Rezensenten ein bisschen an Karl May.

Joe R. Lansdale ist ja nicht bekannt für eine barmherzige Prosa. Es geht von Anfang an heftig zur Sache. Es werden wenig Gefangene gemacht und manches Flüsschen färbt sich rot. Die gewalterfüllte Szenerie findet ihre Entsprechung in Lansdales Sprache. Wie eingangs erwähnt ist der jugendliche Willie Jackson der Ich-Erzähler, passend dazu die Wortwahl in der Erzählung: jugendlich, naiv, schnoddrig, ängstlich, teilweise genital. Für den Leser ist das schon gewöhnungsbedürftig, aber der Duktus ändert sich im Laufe der Geschichte, wie auch der Held zu einer verantwortungsvollen Persönlichkeit heranreift.

Die abenteuerliche Geschichte des Deadwood Dick ist die Geschichte eines "Selfmademan", nicht die des weiten Wegs vom Tellerwäscher zum Millionär, sondern die des weiten Wegs eines schwarzen Sklavenkindes zum Farmbesitzer. Die Inszenierung ist teilweise sehr eindrucksvoll und spannend, aber auch klischeehaft und das Ende zu weichgespült. Das gibt Punktabzüge in der Bewertung.

Das abenteuerliche Leben des Deadwood Dick

Joe R. Lansdale, Tropen

Das abenteuerliche Leben des Deadwood Dick

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