Messertanz

  • Knaur
  • Erschienen: Januar 2015
  • 0
  • München: Knaur, 2015, Seiten: 304, Originalsprache
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Andreas Kurth
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2016

Eigenwillige Ermittler und ein packender Plot

Viktor Saizew und Rosa Lopez sind ein eigenwilliges Ermittlerteam beim Berliner Landeskriminalamt. Im Ostberliner Stadtteil Marzahn wird in einer trostlosen Plattenbau-Siedlung die übel verstümmelte Leiche einer Frau gefunden. Lopez beginnt mit ihren Ermittlungen - Saizew ist zwar beurlaubt, mischt aber dennoch mit. Die Russin Alla Kusmin liegt stark verstümmelt und erstochen in ihrer Wohnung. Ihre Tochter Tonja nimmt die Nachricht ziemlich gelassen hin, geht sogar zu ihrem Auftritt in einen Club, statt am Tatort zu erscheinen. Anschließend rettet sie den Vulkanologen Foma Lassarev, der vor dem Lokal niedergestochen wurde. Für Saizev und Lopez ist das kein Zufall, als sie im Zuge ihrer Ermittlungen davon erfahren. Tonja rückt recht schnell ins Zentrum des Interesses der beiden Polizisten, aber der Weg zur Lösung des Falls ist noch lang - und voller Dornen.

Thriller lebt von eigenwilligen Ermittlern und starkem Plot

Katja Bohnet hat ein starkes Erstlingswerk vorgelegt. Dieser Thriller bezieht seine Faszination aus den eigenwilligen Ermittlern - aber auch aus dem ebenso eigenwilligen Plot. Rosa Lopez leidet wie ein Hund unter dem Verschwinden ihres Sohnes, der vor acht Jahren auf einem Spielplatz entführt wurde. Sie war nur einen Moment abgelenkt - und zerfleischt sich seither in Selbstvorwürfen. Ihre regelmäßigen Besuche in der Vermisstenabteilung sind zu einem zwanghaften Ritual geworden. Aber sie zieht aus ihrer Verzweiflung auch immer wieder Motivation für ihre schwierige Arbeit im LKA.

Viktor leidet seit einiger Zeit unter einer geheimisvollen Erkrankung. Er ist quasi berufsunfähig, weigert sich jedoch hartnäckig, einen Arzt zu konsultieren. Daneben hat er auch mit Dämonen aus seiner Vergangenheit zu kämpfen, und ist doch für Rosa Lopez im Grunde unverzichtbar, denn die beiden Ermittler ergänzen sich hervorragend. Sie halten wohl auch deshalb so zusammen, weil Viktor einst der Ausbilder von Rosa war - und beide eine Art Paria innerhalb der Polizei sind.

Mit etwas Geduld erschließt sich die komplexe Geschichte

Katja Bohnet mutet ihren Lesern so einiges zu, denn die Autorin springt munter zwischen Perspektiven und Zeiten hin und her. Und dabei beziehen sich die Rückblicke in die Vergangenheit nicht immer auf den gleichen Zeitpunkt, und auch Orte und Protagonisten wechseln ständig. Man muss einiges an Geduld und Aufmerksamkeit aufbringen, um sich schließlich in die komplexe Handlung hinein zu denken.

Mich hat der Roman von Beginn an vollkommen gefesselt, weil Bohnet es versteht, mit ihren Andeutungen und kleinen Handlungsfetzen, die zunächst schwer zu verbinden sind, dennoch das Interesse des Lesers zu wecken. Neben dem seltsamen Ermittler-Duo ist die überaus quirlige, und ebenfalls leicht skurrile Rechtsmedizinerin Siska Mohn eine weitere interessante Protagonistin. Sie ist neu in Berlin, ihr Mundwerk steht nie still - und sie bringt richtig Schwung in die Handlung.

Ein Mikrokosmos aus Korruption, Menschenhandel und Missbrauch

Zwischen Ermittlern und Tatverdächtigen gibt es Verbindungen, die wie kleine Puzzleteile ganz langsam aneinander gefügt werden. Der Mikrokosmos aus Korruption, Menschenhandel und Missbrauch wird so immer weiter enthüllt, was beim Leser einige Aha-Erlebnisse auslöst - jedenfalls ist es mir bei der Lektüre so gegangen. Und am Ende wird noch etwas überraschend aufgelöst, mit dem man nicht mehr gerechnet hatte.

Die sozusagen "zerstreute" Handlung des Thrillers schafft eine immer dichter werdende düstere Atmosphäre. Man taucht bei der Lektüre in Zusammenhänge ein, die sich normale Bürger kaum vorstellen können - wenn sie nicht gerade passionierte Leser von Spannungsliteratur sind. Das Debüt von Katja Bohnet ist in meinen Augen gelungen. Sie hat ein sehr spezielles Ermittlerteam - einschließlich der Rechtsmedizinerin - ins Rennen geschickt. Die Handlung wirkt realistisch, die Hintergründe gut recherchiert. Der Erzählstil ist schnell, auf allzu blumenhafte Sprache wird verzichtet. Und es gibt so einige Stellen, an denen man als Leser unwillkürlich die Luft anhält. Dynamisch, voller Action, lesenswert - herrliches Lesekino.

Messertanz

Katja Bohnet, Knaur

Messertanz

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