Auf kurze Distanz

  • audio media
  • Erschienen: Januar 2015
  • 1
  • Berlin: audio media, 2015, Seiten: 6, Übersetzt: Axel Wostry, Bemerkung: gekürzte Lesung
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Jörg Kijanski
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2015

Rasanter Thriller mit gutem Einblick in die Wettmafia

Klaus Burck wird festgenommen. Ausgerechnet er, der korrekte und eifrige Kommissar, soll Beweismaterial unterschlagen haben. Schnell stellt sich die Festnahme jedoch als fingiert heraus. Das LKA in Hamburg bietet ihm stattdessen einen Job an. Genauer gesagt Frank Dudek von der Abteilung für Verdeckte Ermittlungen. Er versucht schon seit längerer Zeit, dem Goric-Clan und allen voran dessen Familienoberhaupt Aco festzunehmen. Burck erhält eine neue Identität als Klaus Roth und soll zunächst einige Wetten platzieren, um so Zugang zur Szene zu erhalten. Schneller als gedacht ergibt sich ein Kontakt zu Luka Moravac, Acos Neffen. Man kommt sich langsam näher, Luka gibt seinem neuen Bekannten Tipps für fingierte Boxkämpfe, Klaus revanchiert sich mit Tipps aus den mittleren Fußballligen, die er von Dudek erhält. Nach und nach gewinnt Klaus das Vertrauen von Luka und erhält somit Zugang zur Familie von Aco Goric. Es entsteht eine Freundschaft, die Einsätze steigen und schon bald hat Klaus erste Schwierigkeiten zu erkennen, auf wessen Seite er steht und wie er Aco überführen kann, ohne Luka und sich selber zu gefährden ...

Manipulierte Sportwetten in allen Bereichen

Passend zu den aktuellen Skandalen rund um FIFA und UEFA erscheint mit Auf kurze Distanz der erste Kriminalroman des preisgekrönten Drehbuchautors Holger Karsten Schmidt, in dem er tiefe Einblicke in die Machenschaften der Wettmafia gibt. Wer glaubt, dass Fußballspiele der Regionalliga oder Tischtennisspiele der Bundesliga nicht manipuliert werden, wird hier eines Besseren belehrt. Da werden zentausende Euro mal eben verdient, weil in einer Viertligapartie zwischen der 70. und der 80. Minute ein Elfmeter fällt. Wie die Anreißer an neue Spieler kommen wird ebenso vermittelt wie der scheinbar aussichtslose Kampf der Polizei.

 

"Die Bestechung von Spielern ist den deutschen Strafverfolgungsbehörden seit mehr als sechs Jahren bekannt. Aber – und das ist der springende Punkt – das Bestechen von Spielern ist laut deutscher Gesetzgebung nicht als Tatbestand der Korruption einzuordnen. Daraus ergibt sich was?"
"Daraus ergibt sich eine Gesetzeslücke. Und in die stößt die OK vor."
"Genau. Deswegen gehen hier große Summen über den Tisch. Das ist eben eine rein deutsche Schizophrenie: Die Wetten sind verboten, das Bestechen der Spieler nicht."

 

Wie sich hier Klaus und Luka näherkommen, der Ermittler Zugang zu dem verschlossenen serbischen Familienclan erhält und dieser zunehmend in Konflikte mit türkischen "Buchmachern" gerät ist kurzweilig geschrieben. Ebenso interessant ist zu sehen, mit welchen Tricks und Scharaden der mit allen Wassern gewaschene Dudek seinen Schützling steuert und ihn mehr als einmal aus der Schusslinie holt. Denn natürlich droht Klaus jederzeit aufzufliegen, sein Vorgänger liegt noch schwer entstellt in der Pathologie. Und dann ist da noch ein schwer zu fassender Graubereich: Wie weit darf ein verdeckter Ermittler als Polizist gehen und wie weit muss er gehen, um nicht aufzufliegen?

 

"Die 24.000 Euro, die er bei sich trug, entsprachen ziemlich genau seinem Nettojahresverdienst als Kriminalkommissar. Mit dem Unterschied, dass er sie an einem einzigen Nachmittag im Limit verdient hatte."

 

Man weiß nicht, was man mehr "bewundern" soll? Das hohe erzählerische Tempo, mit dem Schmidt seine Herkunft als Drehbuchautor unter Beweis stellt oder die geradezu unglaublichen, kriminellen Machenschaften. Doch Fragen bleiben: Klaus ist angeblich auf Bewährung, aber niemand fragt, woher er tausende Euro zum Wetten hat? Und kann es wirklich sein, dass ein Landeskriminalamt im großen Stil in das Sportgeschehen eingreift, indem es mit zweifelhaften Methoden Spieler einschüchtert und Spielergebnisse manipuliert?

 

"Judas schläft niemals"

 

Nach rund 330 Seiten reibt man sich verwundert die Augen über diesen mitreißenden Plot und dessen fulminantes Finale. Verrat und Niedertracht (auf allen Seiten) lagen selten so eng zusammen. Ein Thriller, der aus der Masse herausragt und in dem es nicht vorrangig um Mord und Totschlag geht.

Auf kurze Distanz

Holger Karsten Schmidt, audio media

Auf kurze Distanz

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