Mary, Mary

  • Lichtenberg
  • Erschienen: Januar 1998
  • 6
  • München: Lichtenberg, 1998, Seiten: 381, Übersetzt: Doris Styron
  • München: Droemer Knaur, 2000, Seiten: 381
  • München: Droemer Knaur, 2002, Seiten: 381
  • München: Droemer Knaur, 2004, Seiten: 381
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Wolfgang Weninger
60°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2003

Ein Erstling mit Hoffnung auf Steigerung

Jimmy Fitzsimons entführt Mary Mitchell, die Tochter der Ärztin Margaret Mitchell. Brutal foltert und vergewaltigt er das Mädchen bis zum Tod. Aber der Sinn steht ihm nach der Mutter.

Margaret Mitchell tut alles, um erst das Verschwinden und dann den Tod ihrer Tochter zu klären. Parallel dazu nimmt der irische Inspektor McLoughlin die Suche nach dem Mörder auf und sowohl Mrs. Mitchell, als auch der Polizist entlarven Jimmy Fitzsimons und er wird vor Gericht gestellt, wo ihn kein anderer als der leibliche Vater Mary Mitchells verteidigt.

So weit der erste Teil von Julie Parsons Erstlingswerk "Mary, Mary". Im zweiten Teil geht dann Dr. Margaret Mitchell auf die Jagd nach Jimmy Fitzsimons, denn sie will Rache für den Mord an ihrer Tochter.

Über 380 Seiten hat sich die irische Schriftstellerin Julie Parsons ausgedacht, die adäquat zu ihrer eigenen Lebensgeschichte nicht nur in Irland und Neuseeland spielt, sondern auch Parallelen zu ihrem sonstigen Leben aufweist, wie etwa dem frühen Tod ihres Vaters.

"Mary, Mary" kann eigentlich nicht als Kriminalroman durchgehen, viel eher könnte man ihn als Spannungsroman hinnehmen, der jedoch das Interesse weniger aus dem eigentlichen Kriminalfall zieht, sondern durch das Psychogramm dreier Personen entsteht, deren Wege sich in diesem Buch kreuzen.

Sowohl Margaret Mitchell, als auch der Ermittler McLoughlin, sind genau wie der Täer Jimmy Fitzsimons eigentlich ziemlich verkorkste Typen, die alle mit mindestens einer Lebenslüge im irischen Alltag vegetieren. Julie Parsons versucht in sehr ausschweifenden Wortkaskaden die Charaktere auszubauen, wobei keiner der Hauptakteure so richtig sympathisch wird. Man fühlt und leidet mit der Mutter zwar mit und man empfindet die Trostlosigkeit des Bullenalltags, aber die Reaktionen und Handlungen der Personen verursachen viel zu oft nur ein Kopfschütteln.

Ganz besonders der Schluss des Buches macht einen sehr zwiespältigen Eindruck. Ohne jetzt das Ende vorweg zu nehmen, muss doch ganz deutlich Kritik an der Idee der Selbstjustiz angebracht werden, genauso wie am Ende von Teil 1 berechtigte Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Justitiae auftreten.

Julie Parsons Umgang mit der Sprache ist gepflegt und die Übersetzung von Doris Styron liest sich angenehm flüssig und leicht. Aber der Spannungsaufbau ist zu wellenförmig, als das man dieses Buch gerne in einem Zug durchlesen möchte. Viel mehr hat man immer wieder das Gefühl der Unzufriedenheit an der Handlung, genau so, wie auch die Akteure im Wesentlichen ständig mit ihrer Lebensweise in Konflikt geraten und sich Schuldgefühlen hingeben. Obwohl durch die wiederholten Rückblenden in das Leben der handelnden Personen viele Vorgehensweisen plausibel werden, ist die Konsequenz aus ihrem Handeln nicht zu rechtfertigen. Dabei verzettelt sich Frau Parsons in viel zu viele nebensächliche Details, wo man eigentlich erwartet, dass sie ihre Personen endlich handeln lässt. Kaum wird Spannung aufgebaut, zieht sich der Faden auch schon wieder auf ein Nebengleis zurück unter dem Motto: Ich will, aber ich kann nicht.

"Mary, Mary" kann man lesen, muss man aber nicht gelesen haben. Auch wenn die Presse über diesen Erstling wieder mal in Entzücken ausbricht, sollte man doch die Qualität deutlich relativieren. Schreibstil und Originalität liegen durchwegs über dem Durchschnitt, aber was Frau Parsons daraus gemacht hat, verträgt in jedem Fall noch eine Steigerung.

Mary, Mary

Julie Parsons, Lichtenberg

Mary, Mary

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