Todesdeal

  • Droemer
  • Erschienen: Oktober 2015
  • 6
  • München: Droemer, 2015, Seiten: 480, Originalsprache
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Thomas Gisbertz
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2020

Eher Sachbuch als spannender Thriller

Als der angehende Journalist Martin Fischer die Chance erhält, für einen Rechercheauftrag in den Kongo zu reisen, sieht er darin vor allem die Gelegenheit, schnell Karriere zu machen. Wie wenig er tatsächlich über das Land im Herzen Afrikas weiß, merkt er erst, als er kurz nach seiner Ankunft von Warlords als Geisel genommen wird. Eine Geschäftsfrau aus Ruanda löst ihn aus - doch dadurch gerät Martin mitten zwischen die Fronten russischer Oligarchen, chinesischer Investoren und deutscher Waffenhändler. Viel zu spät begreift er, dass er zum Bauernopfer in einem geopolitischen Schachspiel bestimmt ist, bei dem die Machtverhältnisse des 21. Jahrhunderts neu geordnet werden sollen.

Politische Verstrickungen der Bundesregierung

Andreas Schmidt, Staatssekretär im Verteidigungsministerium, ist in einen Polit-Skandal verwickelt. Er war zuständig für eine Panzerlieferung nach Syrien. Kampfpanzer Leopard, eigentlich nichts Ungewöhnliches für ein Land wie Deutschland, dem drittgrößten Waffenlieferanten der Welt. Doch als die Presse davon Wind bekommt, dass Deutschland den Freiheitskampf in Syrien mit Waffenlieferungen an das Assad-Regime verhindert, sind nicht nur die USA brüskiert, sondern der Skandal um den „Todesengel“, wie Schmidt fortan genannt wird, ist perfekt. Der Staatssekretär dient aber nur als Bauernopfer, um den Verteidigungsminister aus der Schussbahn zu nehmen.

Eugen Freiherr von Stein, Leiter der Abteilung Einsatzgebiete/Auslandsbeziehungen beim Bundesnachrichtendienst, hat derweil seine eigenen Pläne mit Schmidt. Um ihn zunächst aus dem Fokus der Öffentlichkeit zu nehmen, bietet er ihm einen prekären Einsatz im Kongo an: als Ehrenbotschafter der Zentralafrikanischen Republik und Leiter der geheimen Einheit Tiamat. Es geht um die Rohstoffversorgung der Bundesrepublik - und das mit illegalen Mitteln, die auch vor der Kooperation mit Kriegsverbrechern keinen Halt machen.

Ausgewiesener Fachmann

Autor Veit Etzold ist vielen Lesern sicherlich eher durch die Clara-Vidalis-Reihe, von der im April 2020 bereits der siebte Band erscheinen wird, namentlich bekannt. Was viele aber nicht wissen: Der Spiegel-Bestseller-Autor ist ein ausgewiesener Afrika- und Asienexperte. So arbeitete er auch als Berater für die globale Bergbaufirma Gaia Mineral Resources und die Investmentholding African Development Corporation in Ruanda, Hongkong und Peking. Darüber hinaus ist er Berater des Auswärtigen Amtes und seit 2018 als Professor für Wirtschaftswissenschaften tätig. Nicht nur aus diesen beruflichen Gründen verfügt Etzold über ein enormes Hintergrundwissen zu den im Thriller behandelten globalen wirtschaftlichen und politischen Themen. „Todesdeal“ ist bereits 2015 als Paperback erschienen und liegt nun in der Taschenbuchausgabe vor.

Brisantes Thema

Eins kann man Veit Etzold nicht absprechen: Er gibt einen spannenden und interessanten Einblick in die globalen Machtspiele der politischen Großmächte. Als Laie weiß man bei der Lektüre schnell nicht mehr, was hier Fiktion ist und was Realität. Manchmal kann man nur hoffen, dass das, was beschrieben wird, der Fantasie des Autors entsprungen ist. Wenn man allerdings die Weltpolitik der letzten Jahren verfolgt hat, erkennt man, dass Etzolds Polit-Thriller mehr und mehr eine beängstigende Wirklichkeit darstellt.

Es ist auch traurig festzustellen, wie wenig uns die alltäglichen Gräueltaten und die gesellschaftliche Ausbeutung in den zentralafrikanischen Ländern interessieren. Länder, die unfassbar reich an Bodenschätzen sind und die dennoch in Armut leben. Dabei profitieren wir unter anderem täglich vom „schmutzigen Gold“ Coltan in unseren Handys, Smartphones und Elektrogeräten. All das und mehr thematisiert Etzold in seinem Thriller. Allerdings trägt das wichtige Thema des brutalen und rücksichtslosen Kampfes um Rohstoffe nicht den ganzen Thriller.

Schwächelnde Story

Das Thema steht ganz klar im Vordergrund, während die eigentliche Handlung nicht die Qualität der guten Darstellung der politischen und gesellschaftlichen Hintergründe erreicht. Die Figuren bleiben leider weitgehend blass oder wirken zu sehr am Reißbrett entworfen. Die stereotype Darstellung eines russischen Oligarchen sowie eines skrupellosen deutschen Politikers oder chinesischer Wirtschaftsbosse mag vielleicht sogar richtig sein, wirkt aber in ihrer Gesamtheit zu klischeehaft.

Die Handlung wird stärker von politischen Erläuterungen und geschichtlichen Zusammenhängen getragen als von der eigentlichen Story. Vielleicht mag es auch daran liegen, dass Etzolds Fantasie längst von der Realität eingeholt wurde, so dass beim Lesen leider nur selten Spannung aufkommt. Zusätzlich ist das Ende zu einfach konstruiert und mag irgendwie nicht zum Rest des Thrillers passen.

Gewohnter Schreibtsil

Wer Thriller von Veit Etzold kennt, wird auch hier Gefallen finden an dessen flüssigem Schreibstil. Der Autor verbindet geschickt zahlreiche Handlungsstränge und sorgt durch schnelle Schauplatzwechsel, überwiegend kurze Kapitel und zahlreiche Cliffhanger für ein hohes Erzähltempo. Die zahlreichen kleinen Zwischenepisoden, in denen der Autor über gesellschaftliche und politische Hintergründe aufklärt, sind informativ, bremsen das hohe Tempo aber auch etwas aus.

Fazit:

Etzold gelingt mit seiner gut recherchierten, flüssig geschriebenen Handlung dennoch nur ein durchschnittlicher Thriller. Das liegt vor allem an der schwachen Figurendarstellung und dem oftmals zu schematischen Auftreten der Protagonisten. Der temporeiche Erzählstil lässt „Todesdeal“ dennoch für politisch-interessierte Leser zu einem lohnenswerten Thriller werden - besonders wenn man erkennen muss, dass die Grenzen zwischen Realität und Fiktion längst verwischen.

Todesdeal

Veit Etzold, Droemer

Todesdeal

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