Diamantenstaub

  • Lenos
  • Erschienen: Januar 2014
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  • Basel: Lenos, 2014, Seiten: 407, Übersetzt: Christine Battermann
  • Kairo: Dar El Shorouk, 2010, Titel: 'Torab Al-Mas', Originalsprache
Diamantenstaub
Diamantenstaub
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Jörg Kijanski
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2015

Formidabler Thriller aus Kairo, klarer Tipp!

2008: Taha al-Sahar arbeitet tagsüber als Vertreter für Arzneimittel und nachts in einer Apotheke. Dort bekommt er eines Abends Streit mit Service, einem Kleinkriminellen mit guten Verbindungen, als Taha sich weigert, Service ein gewünschtes Aufputschpräparat zu verkaufen. Unmittelbar darauf zerstört ein Stein die Scheibe der Apotheke. Wenig später findet Taha eines Abends seinen Vater Hussain ermordet vor und wird im gleichen Moment niedergeschlagen. Nach drei Wochen erwacht Taha aus dem Koma und kämpft sich zurück ins Leben. Oberstleutnant Walid Sultan gibt sich gegenüber Taha diensteifrig, doch schon bald werden die Ermittlungen eingestellt.

 

"Aber bei solchen Fällen kommt man mit guten Vorsätzen nicht weiter. Die können Sie in der Moschee fassen, wenn Sie dort beten. Bei Verbrechen aber muss man sich an bestimmte Bedingungen halten, um jemanden festzunehmen, nämlich an das Gesetz! Das heißt, um sagen zu können: Der war's!, brauche ich ein Motiv, eine Tatwaffe, Fingerabdrücke und Zeugen. Und Service hat ein Alibi beigebracht. Wenn Ihnen das Gesetz nicht zusagt, lösen Sie den Fall doch selbst!"

 

Hussain, Tahas Vater, war seit Jahren an den Rollstuhl gefesselt und verbrachte seine Zeit damit, seine Nachbarn mit dem Fernglas zu beobachten. So seinen früheren Freund Sulaiman, der einen Kiosk betreibt, der gleichzeitig für Drogengeschäfte genutzt wird und dessen wichtigster Mitarbeiter Service ist. Ein weiterer Nachbar ist der Parlamentsabgeordnete Madrus Bergas, der mit höchst unlauteren Methoden seinen Einfluss vermehrt. In einem Tagebuch seines Vaters entdeckt Taha erste Anzeichen dafür, dass Hussain womöglich ein Mörder war, der mit einem geheimnisvollen Gift namens Diamantenstaub einige Menschen umgebracht hat. Als wenig später sowohl Sulaiman wie auch Bergas einen ebenso qualvollen wie seltsamen Tod erleiden, glaubt Taha den Täter zu kennen – und entdeckt einen geheimen Vorrat des Diamantenstaubs...

Packender Thriller viel Atmosphäre

Es ist noch einmal wichtig darauf hinzuweisen, dass dieser Roman im Jahr 2008 spielt, der Staatspräsident somit Husni Mubarak hieß und dieser zahlreiche Menschen gegen sich aufbrachte, da er seine Landsleute an der vermeintlichen Befreiung Palästinas hinderte, indem er die Grenze zu Gasa schließen ließ. Dies verärgert auch die systemkritische Journalistin Sara al-Akabi, eine Nachbarin Tahas, die bei ihren jüngsten Recherchen auf eine mysteriöse Mordserie in ihrem Viertel stößt. Zudem bemerkt sie, dass Taha offenbar ein Geheimnis mit sich herumträgt und ihr nicht immer die Wahrheit sagt.

 

"Deine Mutter, Gott strafe sie, wo immer sie sein mag, hat nur an sich selbst gedacht und ihn einfach sitzenlassen. Und dann noch die Sache mit Rajjan und der Sechstagekrieg! Dein Vater ist wie ein Kamel, Taha. Wenn das einmal hinfällt, steht es nie wieder auf."

 

Derweil versucht Taha den Tod seines Vaters zu rächen, die Hintergründe für dessen Ermordung herauszufinden und nicht zuletzt dessen geheimnisvolle Vergangenheit zu entschlüsseln.

 

"Dieses Ungeheuer läuft weiter vor meinen Augen frei herum! Das macht mich wahnsinnig, Jassir."
"Man braucht Beweise, ein Tatwerkzeug, ein Motiv und..."
".. und ordentlich Vitamin B."
"Die haben hundert solche Fälle wie deinen. Was genau sollen sie denn deiner Meinung nach tun?"
"Ein bisschen mehr Interesse zeigen – und Respekt."
"In diesem Land? Red nicht so einen Unsinn. Gib's auf, Kollege!"

 

Zahlreiche kulturelle, gesellschaftliche und politische Einblicke in ein korruptes und zerrissenes Land

Ahmed Mourad bietet mit seinem zweiten Roman einen grandiosen Einblick in das kulturelle, gesellschaftliche und politische Leben Ägyptens. So werden zahlreiche Lieder und Koransuren zitiert, auf viele Kinofilme sowie bedeutsame politische Ereignisse verwiesen und da diese hierzulande meist unbekannt sind, gibt es etliche Fußnoten, die zum besseren Verständnis beitragen. Sehr gelungen beschreibt der Autor zudem das grundverschiedene Rollenverständnis der Frauen in Ägypten, wobei das westlich geprägte Frauenbild Saras auf das traditionell-konservative Verständnis von Taha trifft.

 

"Der psychische Zustand der Ägypter lässt sich gut an den Medikamenten ablesen, die sie am häufigsten verlangen."
"Und welche sind das?"
"Durchfallmittel!"

 

Neben einem packenden Plot mit einigen überraschenden Wendungen bietet Diamantenstaub eine interessante Milieustudie sowie einen Familienroman, der sich über drei Generationen erstreckt. Tiefe Einblicke in ein durch und durch korruptes und moralisch kaputtes Land erlauben bereits Ausblicke in das Ägypten der Gegenwart und so will, angesichts der allgegenwärtigen Hoffnungslosigkeit, der leicht hollywoodesk wirkende Ausklang der Handlung nicht ganz passen. Dennoch steht fest, dass Diamantenstaub zu den Thrillern zählt, die Sie lesen sollten!

Diamantenstaub

Ahmed Mourad, Lenos

Diamantenstaub

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