Deathbook

  • Wunderlich
  • Erschienen: Januar 2013
  • 8
  • Reinbek bei Hamburg: Wunderlich, 2013, Seiten: 320, Originalsprache
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Andreas Kurth
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2013

Eine Parallelwelt der Toten

Ein verzweifeltes Mädchen liegt auf den kalten Gleisen einer Bahnstrecke. Sie hört den Zug heranbrausen – und kurz darauf ist sie Tod. An die Selbstmord-These der Polizei mag Schriftsteller Andreas Winkelmann allerdings nicht glauben. Kathi war seine Lieblingsnichte, und er kannte sie teilweise besser als ihre eigenen Eltern. Die lebenslustige 15-Jährige kann in seinen Augen keinen Suizid begangen haben, und deshalb nimmt der Autor private Ermittlungen auf. Merkwürdige Videos auf Cathis Computer zeigen ihm, dass seine Nichte offenbar von einem Unbekannten verfolgt wurde.

Im Internet passieren offenbar höchst merkwürdige Dinge, und Winkelmann droht schnell in die Sache hineingezogen zu werden. Kathi und andere junge Menschen haben sich da offenbar auf ein tödliches Spiel eingelassen. Winkelmann bekommt Hilfe von einer befreundeten Polizistin, die einiges für ihn riskiert. Immer wieder stößt Winkelmann auf die Website "Deathbook", mit der Cathis Tod und weitere Todesfälle offenbar zusammenhängen. In einem überaus dramatischen Finale kommen der Autor und die Polizistin dem unheimlichen Killer schließlich doch auf die Spur.

Ein gelungener Versuch

Deathbook ist ein rasanter Thriller mit einem wirklich ungewöhnlichen Ansatz. Wenn sich ein Schriftsteller selbst zu einer der fiktiven Hauptpersonen eines seiner Romane macht, zuckt man als Leser unwillkürlich zusammen. Man fragt sich, was der Autor damit bezwecken will? Nach meiner Auffassung hat Andreas Winkelmann mit diesem Buch gezeigt, dass so ein Plot durchaus möglich ist, ohne peinlich für den Verfasser zu werden. Er lässt sich selbst als Romanfigur genug Fehler machen und Irrtümer begehen, um jegliche Glorifizierung oder Überhöhung zu vermeiden. Wie ehrlich er mit der Beschreibung seiner Person gewesen ist, kann er nur selbst beurteilen, ich finde den Versuch jedenfalls durchaus gelungen. Mit der befreundeten Polizistin, die distanziert und solidarisch zugleich ist, hat sich Winkelmann eine ideale Ergänzung als Partnerin an die Seite gestellt. Die Aktionen dieses Paares wirken glaubwürdig, zumal die Zusammenarbeit auf der sachlichen Ebene bleibt – und das ist gut so.

Neue Qualität der Abscheulichkeiten

Inhaltlich ist der Ansatz des Romans ebenfalls hochinteressant. Eine Parallelwelt der Toten im Internet.  Es gibt im Netz ja so ziemlich alles, das Deathbook ist dabei – für mich jedenfalls – eine ganz neue Qualität der Abscheulichkeiten. Winkelmann ist nicht der erste Autor, der üble Entwicklungen im Internet zum Thema eines Romans macht. Videos mit gefangenen und gequälten Menschen aller Altersgruppen sind schon häufig das Thema von Büchern gewesen. Und in den Medien wird bereits ausführlich darüber berichtet, welche großen Probleme Erben mit dem digitalen Nachlass von Verstorbenen haben. Der Realitätsgehalt des Themas steht also außer Frage.  In Deathbook werden nun Videos von realen Tötungen gezeigt, mit der eindeutigen Aufforderung, selbst einen solchen Film zu drehen – das ist schon starker Tobak. Die unterschiedlichen Reaktionen der Protagonisten auf die Filme und die damit verbundene Aufforderung zum Mord zeigen eine große Bandbreite von Verhaltensweisen. Das macht die Lektüre neben der enormen Spannung zusätzlich interessant.

Spannung wird ständig gesteigert

Nachdem der Roman mit dem Paukenschlag im Prolog begonnen hat, geht es mit ständigen Steigerungen der Spannung weiter. Winkelmann versteht es ausgezeichnet, vermeintlich ruhigen Phasen immer neue Wendungen folgen zu lassen. Und dem Leser werden dabei reichlich falsche Spuren und Sackgassen präsentiert – die auch die Protagonisten des Romans schier verzweifeln lassen. Bei der Suche nach dem unheimlichen Killer spielen die Fragen nach dem möglichen Motiv und den technischen Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung stehen, eine große Rolle. Der Autor hat hier einen wirklich lesenswerten Thriller gestrickt. Winkelmann selbst wird man als Ermittler wohl kein weiteres Mal erleben – aber hier hat er seine Sache gut gemacht.

Deathbook

Andreas Winkelmann, Wunderlich

Deathbook

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