Schwarzlicht

  • Wunderlich
  • Erschienen: Januar 2013
  • 7
  • Reinbek bei Hamburg: Wunderlich, 2013, Seiten: 384, Originalsprache
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Andreas Kurth
88°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2013

Hoher Druck bringt Diamanten hervor

Vincent Che Veih ist Leiter des Kriminalkommissariats 1. Allerdings zunächst nur auf Probe und nun bekommt er einen brisanten Fall übertragen. Sechs Tage vor der Landtagswahl ist Walter Castorp, der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, in der Wohnung eines befreundeten Unternehmers von einer Raumpflegerin tot aufgefunden worden. Der Landesvater hatte schon einige Skandale hinter sich, jüngst wurde ihm vorgeworfen, die Bespitzelung der Opposition veranlasst zu haben. Jede Menge politische Sprengkraft wartet auf den Ermittler und seine Kollegen. Veih findet heraus, dass Castorp mit seiner aktuellen Geliebten in der Schweiz war, und von dort mit zwei schwarzen Aktenkoffern zurückgekommen ist. Das Interesse an dem Fall reicht bis in höchste politische Kreise sogar das Bundeskanzleramt bietet seine Hilfe bei der Aufklärung des Falles an. Der politischen Führung wäre es am liebsten, den Fall als Selbstmord zu den Akten zu legen. Veih ermittelt jedoch unerschrocken, und gerät immer stärker unter Druck auch wegen seiner Mutter, einer ehemaligen RAF-Terroristin.

Mit Schwarzer Schwan hat der Politikwissenschaftler und Autor Horst Eckert vor zwei Jahren einen Wirtschafts- und Polit-Thriller vorgelegt, der große Beachtung bei Lesern und Kritikern fand. Schwarzlicht liegt zwar in der Qualität um kleine Nuancen darunter, ist aber dennoch ein mehr als lesenswerter Roman, der wie im Titel angedeutet ein grelles Schlaglicht auf die politische Landschaft in Deutschland wirft. Ich werde an dieser Stelle keinesfalls verraten, welche Politikerinnen und Politiker man in den Protagonisten des Romans wiedererkennt. Aber so viel sei gesagt: Es macht enorm Spaß, vertraute Phrasendrescher oder sympathische Akteure - auch die soll es geben hier zu entdecken.

Gewohnt kenntnisreich hat Horst Eckert ein Szenario entwickelt, das den Leser von Beginn an fesselt. Eine zentrale Rolle spielt dabei der ungewöhnliche Kommissar. Vincent Che Veih ist ein spezieller Protagonist aus der Feder von Horst Eckert. Sein Großvater diente während des zweiten Weltkriegs in einem Polizeibataillon, das in Polen an der Ermordung zahlreicher Juden mitgewirkt hat. Seine Mutter rebellierte wie so viele Kinder von Nazis oder Kriegsverbrechern gegen ihren Vater, und wählte dabei gleich die ganz radikale Variante. Sie sympathisierte mit der RAF und schloss sich sogar der Terror-Truppe an. Nach abgesessener Gefängnisstrafe sorgt sie nun mit ihrem Verhalten wieder dafür, dass ihr Sohn Probleme mit seinen Vorgesetzten bekommt.

Vincent Che Veih entschied sich völlig gegen das Weltbild seiner Mutter für den Beruf des Polizisten. Damit trat er zumindest bei der Berufswahl in die Fußstapfen seines Großvaters, der ihn auch erzogen hat, nachdem die Mutter in den Untergrund abtauchte. Der kommissarische Leiter des KK 1 wurde durch diese Zeit im Hause des Großvaters durchaus geprägt, teilt aber mitnichten dessen politische Ansichten. Innerlich hat er sich von seiner Familie gelöst, wird aber ständig von seiner Vita wieder eingeholt. Mit dem Druck aus Staatskanzlei, Bundeskanzleramt, Polizeipräsidium und dem Kreis der neidischen Kollegen geht Vincent nicht unbedingt souverän, aber doch angemessen um. Und das ist gut so, denn unter hohem Druck entstehen Diamanten oder eben gute Ermittler. Nicht jede Intrige ist hier gleich für den Leser zu durchschauen, aber das ist vom Autor wohl so gewollt erhöht es doch den Nervenkitzel und die Spannung.

Ob Horst Eckert hier den Bogen überspannt, und wie realistisch oder wenigstens realitätsnah - die Geschichte am Ende ist, hat schon beim Schwarzen Schwan die Gemüter von Kritikern und Lesern arg beschäftigt. Manche Dialoge und Nebenhandlungen sind nicht ganz so perfekt gelungen wie beim Vorläufer-Buch, aber ich fürchte, in Sachen Realitätsnähe ist Horst Eckert hier noch etwas dichter an der Wahrheit dran. Mischt sich das Kanzleramt in derartige Ermittlungen ein? Spricht eine Oppositionsführerin inoffiziell mit der Polizei? Gibt es ein Verhalten von Politikern, wie es der Autor hier einem Ministerpräsidenten andichtet?

Die Geschichte der Bundesrepublik ist bunt genug, um alle Fragen, die sich sonst noch so stellen, die ich hier aber aus dramaturgischen Gründen nicht nennen darf, durchaus positiv zu bescheiden. Horst Eckert hat eine hervorragend recherchierte Geschichte in seiner typischen Art erzählt. Lesenswert, überaus spannend und unterhaltend - und auch nachdenklich machend. Wieder einmal ein Polit-Thriller, den man ruhig zweimal lesen sollte. Das erhöht das Verständnis der Feinheiten, und auch den Genuss.

Schwarzlicht

Horst Eckert, Wunderlich

Schwarzlicht

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