Die dunkle Treppe

  • Galiani
  • Erschienen: Januar 2013
  • 2
  • Edinburgh: Polygon, 2009, Titel: 'The Devil's staircase', Seiten: 217, Originalsprache
  • Berlin: Galiani, 2013, Seiten: 237, Übersetzt: Steffen Jacobs
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Lars Schafft
87°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2013

Coming of Age trifft Das Schweigen der Lämmer

Crossovers besitzen ihren ganz eigenen Reiz. In Australien ist Die dunkle Treppe als "Young Adult", also als Jugendbuch promotet worden, in der deutschen Ausgabe vom Galiani-Verlag geht die Tendenz ganz klar Richtung Thriller. In der Tat macht der neue Roman von Helen FitzGerald über eine lange Zeit Kopfzerbrechen, wo die gute Autorin denn mit ihrer Story eigentlich hin will. Am Ende liegen die Berliner Verlagsmenschen deutlich richtiger als ihre Kollegen von Down Under. Die dunkle Treppe ist Psychothriller - und was für einer! Dass die Protagonistin erst achtzehn Jahre alt ist, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.

Besagte Hauptfigur ist Bronwyn, kurz Bronny. Sie hat ein schweres Los, schwebt über ihr doch seit der Geburt ein Damoklesschwert namens Hutchinson-Gilford-Syndrom, einer unheilbaren, vererbbaren Krankheit. Bevor sie nun in Australien ihr Ergebnis erfährt (die Chancen stehen fifty-fifty), nimmt sie Reißaus und macht sich ohne Sack und Pack auf den Weg nach London.

Dort angekommen, holt Bronny in ihrer neuen Familie, eine Community aus jungen Backpackern und Hausbesetzern, alles das nach, worauf sie in ihrem vorherigen Leben verzichten musste: Alkohol, Drogen, Sex, schiere Orgien feiert sie, um die Krankheit zu vergessen. Besonders gut funktioniert das in einem leerstehenden Haus, das Bronny und Freunde geentert haben. Bei all den Trips, die die jungen Erwachsenen schieben, bekommen sie in ihrer dauervernebelten Wahrnehmung nicht mit, was am Ende der Treppe, die sich hinter einem Wandschrank verbirgt, Grausames geschieht.

Im Keller des Hauses hält nämlich ein Psychopath mit sonderlichem Fetisch Celia, eine Familienmutter aus der Nachbarschaft, schon seit Wochen gefangen, foltert sie, vergewaltigt sie. Als Celia die Neuankömmlinge über sich hört, versucht sie mit letzter Kraft, auf sich aufmerksam zu machen. Doch die jungen Hausbesetzer in der Etage über ihrem Verlies sind meistens zu bedrönt. Ihre Lebensgeister schwinden ...

Die dunkle Treppe ist ein hoch eigensinnig wie neuartiger Thriller. Im ersten von vier Abschnitten, in dem Helen FitzGerald nur über Bronwyn schreibt, verstört sie den Leser mit Wechseln der Erzählperspektive und Zeit. Dazu die nervige Frage im Hinterkopf, wann die Autoren denn endlich mal zur Sache kommt. Der zweite Abschnitt handelt hingegen ausschließlich von der entführten und schwer misshandelten Celia und ihrem Peiniger - Psycho pur. Im dritten Teil führt FitzGerald die beiden Handlungsstränge und -zeiten schließlich zusammen: ganz großes Kopfkino auf nichtmals hundertzwanzig Seiten!

Und für diese braucht man ganz, ganz starke Nerven. Sehr, fast schon zu detailliert, beschreibt die Autorin Celias Martyrium und spart dabei nicht mit dem, was man gerne als shocking bezeichnet. Zum Schluss hin überrascht Helen FitzGerald gar noch mit vielen Twists und jeder Menge Action. Beendet ihren Roman dann aber doch auf eine sehr berührende, nachdenklich machende Art und Weise, womit sie gekonnt den Bogen zum Anfang der Dunklen Treppe schlägt.

Ein Thriller, wie man ihn lange schon nicht mehr in der Hand hatte. Ganz große Leseempfehlung - für Leserinnen und Leser, die so schnell nichts aus der Fassung bringen kann ...

Die dunkle Treppe

Helen FitzGerald, Galiani

Die dunkle Treppe

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