Verscharrt

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2013
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  • München: Heyne, 2013, Seiten: 512, Übersetzt: Conny Lösch
Verscharrt
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Andreas Kurth
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2012

Wahrsager, Trickdiebe und ein irischer Sturkopf

Eher zufällig stößt Detective Darlene O’Hara auf ein offenbar schon Jahre zurückliegendes Verbrechen. Das seltsame Geständnis eine alten Mannes, er habe jemanden getötet und in einem Gemeinschaftsgarten mitten in New York vergraben, führt die Polizistin zu einem Skelett mit ungewöhnlichen "Grabbeigaben". Und vor allem handelt es sich nicht um die Leiche eines farbigen Erwachsenen, sondern hier wurde nach den Erkenntnissen der Gerichtsmedizin ein rund neun Jahre altes Kind vergraben – zusammen mit einer Baseball-Cap, einer CD und weiteren Kleinigkeiten. Der weiße Junge ist offenbar über mehrere Stunden langsam verblutet, und wurde dann förmlich beigesetzt. Die Ermittlungen führen die hartnäckige Polizistin unter anderem nach Florida und zu einer Gruppe am Rande der amerikanischen Gesellschaft, über die sie nur schwer Erkenntnisse sammeln kann. Denn unter den Roma ist oberstes Gesetz, dass sie ihre Dinge in den eigenen Reihen regeln und so gut wie nie Kontakt zu staatlichen Instanzen aufnehmen. O’Haras Ermittlungen führen zu immer neuen Rätseln, aber mit der ihr eigenen Beharrlichkeit hat sie sich in diesen Fall verbissen, und kommt so zu mehr als verblüffenden Erkenntnissen.

Den zahlreichen Fans von Altmeister James Patterson ist Peter de Jonge seit vielen Jahren als dessen Co-Autor durchaus ein Begriff. Wie viele seiner Kollegen in USA und Deutschland betreibt Patterson eine Art Schreibfabrik. Nach seinen Ideen und mit seinem Namen werden massenhaft Titel aufgelegt, und Peter de Jonge gehört schon lange zu seinen treuen und fleißigen Schreibern. Die dort erlernten Rezepte, die einer großen Zahl von Fans und nur ganz wenigen strengen Kritikern gefallen, setzt de Jonge auch in seinem zweiten Krimi mit Darlene O’Hara gekonnt ein. Es gibt kurze und knackige Kapitel, das Tempo wird mehrfach gewechselt und mitunter ansatzlos hochgeschraubt. Die etwas ungewöhnliche Ermittlerin kommt dabei ohne große Allüren aus, und auch die weiteren Figuren in diesem wendungsreichen Roman wirken zwar nicht unscheinbar, aber überwiegend durchschnittlich. Erst als O’Hara tiefer in die Roma-Gemeinde eindringt, kommen durchaus auch schillernde Figuren ans Licht, ohne aber zu großen Platz neben der Haupt-Protagonistin einzunehmen.

Die Geschichte beginnt relativ unscheinbar. Aber der Autor versteht es, die auftauchenden Rätsel so zu schildern, dass dem Leser die Handlung schmackhaft gemacht wird, bis die sich dann stetig steigernde Spannung einsetzt. O’Hara mit ihrem sprichwörtlichen irischen Dickschädel will sich nicht davon abbringen lassen, dass hinter der Geschichte des dementen alten Mannes von der vergrabenen Leiche mehr steckt als nur ausgedachter Blödsinn. Der Fund des Skeletts führt dann dazu, dass sie sich sprichwörtlich in diesen Fall verbeißt, und gegen alle Widerstände weiter ermittelt. Richtig fesselnd wird es, als die New Yorker Polizistin in den Süden des Landes fährt, um in Florida weiter zu ermitteln. Dort stoßen in vielerlei Hinsicht Welten aufeinander - und das hat der Autor geschickt in seine Story eingeflochten.

Die gesellschaftliche Randgruppe, um die es dann zunehmend geht, dürfte vielen Amerikanern – und auch Europäern – absolut unbekannt in ihrer Kultur und in ihrem Selbstverständnis sein. Die Roma sind es gewohnt, alle Angelegenheiten intern zu klären und zu regeln. Dadurch ist es für O’Hara unheimlich schwer, die Geschehnisse aufzuklären und die Verantwortlichen zu finden. Allerdings muss ihr der Zufall nur selten zu Hilfe kommen, sie schafft es mit solider Polizeiarbeit und entsprechender Hartnäckigkeit, die Lösung des Falles zu finden.

Peter de Jonge hat keinen atemlos machenden Thriller vorgelegt, von den Werken seines Lehrmeisters zu dessen bester Zeit ist er doch um einiges entfernt. Aber dieser Krimi bietet solide und abwechslungsreiche Unterhaltung. Die Dialoge sind authentisch, die irisch-stämmige Ermittlerin hat einigen Wortwitz und eine brillante Kombinationsgabe zu bieten. Darlene O’Hara dürfte noch einige Fälle zu lösen haben.

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Peter de Jonge, Heyne

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