Engelsgrab

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2012
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  • London: Avon, 2010, Titel: 'Broken silence', Seiten: 408, Originalsprache
  • München; Zürich: Piper, 2012, Seiten: 335, Übersetzt: Gabriele Weber-Jarić
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Mareike Höckendorff
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2012

Engelsgrab in des Teufels Nest

Die Konzeption erinnert ein wenig an die Krimis von Stieg Larsson, die Ermittlerfigur an die von Jo Nesbö. In ihrem Debütroman Engelsgrab ist es Danielle Ramsay gelungen, sich von ihren skandinavischen Vorbildern zu inspirieren und trotzdem zu einem eigenen Stil zu gelangen. Leider widmet sie sich in diesem Pilotkrimi etwas zu ausführlich der Einführung in die Rahmenbedingungen ihrer neuen Serie. Darunter leidet der, eigentlich Hochspannung verheißende, Fall.

Gefallener Engel

Aufgrund einer Schussverletzung am Oberschenkel ist Jack Brady eigentlich noch krankgeschrieben, als er von seinem Vorgesetzten zu einem Tatort gerufen wird. Opfer ist ein junges Mädchen aus der Nachbarschaft. Allem Anschein nach wurde sie erst erwürgt und später durch zahlreiche Gesichtsverletzungen entstellt. Der Kollege, der den Fall zunächst bearbeiten sollte – Jimmy Matthews, Polizist mit langjähriger Ermittlungserfahrung – verlor beim Anblick des Tatorts die Nerven. Den Grund dafür eröffnet er seinem Freund und Kollegen noch selbst, bevor er spurlos verschwindet: Das Mädchen war die beste Freundin seiner Tochter, nicht älter als 15 Jahre und von ihm selbst in der Tatnacht nach Hause gefahren worden.

Der, von den Scheidungsabsichten seiner Frau und der im Dienst zugefügten Verletzung sowieso bereits stark in Mitleidenschaft gezogene, Kommissar gerät nun in weitere private und berufliche Konflikte. In fieberhafter Eile findet der zwangsnüchterne Alkoholiker Brady in nur 36 Stunden einen Täter. Dabei lernt der Leser die verruchten Gegenden des britischen Küstenortes Whitley Bay kennen und wird gleichzeitig in ein eng verwobenes Figurennetz eingeführt. Brady ermittelt im Umfeld des Mädchens, das bei näherem Hinsehen nicht mehr ganz so engelsgleich wirkt. Außerdem schafft er es auch noch, sich um den Verbleib seines Kollegen zu sorgen. Er lässt dessen Frau und Tochter zu ihrem Schutz bei sich unterkommen. Es liegt geradezu auf der Hand, dass den gutaussehenden Protagonisten - der Ähnlichkeit mit Norwegens unerschrockenem Ermittler Harry Hole aufweist - eine frühere Liaison mit der Frau seines Freundes verbindet.

Das Ende ist erst der Anfang

Erst als der Fall bereits aufgeklärt zu sein scheint, nimmt "Engelsgrab" doch noch einmal etwas Fahrt auf. Brady erkennt langsam den Zusammenhang des Verhaltens seines Freundes Jimmy mit den Machenschaften des örtlichen Drogenbosses Madley. Der ehemalige Schulfreund des aus kriminellen Kreisen stammenden Kommissars ist nach Meinung seines Kollegen in Verbrechen ungeahnten Ausmaßes verwickelt. Entscheidende Kontaktlinien verweisen über ihn hinaus und auf höchste politische Kreise. Dabei geht es um einen international arbeitenden Mädchenhändlerring. Der Fall der toten Schülerin ist nur eine Andeutung des Verbrechens mit dem Brady sich in naher Zukunft beschäftigen wird.

Engelsgrab ist ein brodelnder Auftakt zu einer vielversprechenden Krimiserie. Dass der erste Fall recht konstruiert und die Auflösung voraussehbar wirkt, wird dabei zur Nebensache. Wie in Stig Larssons Trilogie ahnt der Leser schnell, dass die Geschichte des ermordeten Schulmädchens nur der Anlass ist, um ein viel größeres Verbrechen ins Auge zu fassen. Der schöne, an Leib und Seele versehrte, Ermittler im Mittelpunkt dieses klassischen Kriminalromans lässt auf furchtlose Taten im Fadenkreuz des Bösen hoffen. Danielle Ramsay, die es mit Engelsgrab 2009 auf die Shortlist des "CWA Debut Dagger" schaffte, weckt in diesem Roman hohe Erwartungen, die sich aber leider eher auf zukünftiges denn auf gegenwärtiges Lesevergnügen richten.

Engelsgrab

Danielle Ramsay, Piper

Engelsgrab

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