Der Prophet des Todes

  • Blanvalet
  • Erschienen: Januar 2012
  • 4
  • München: Blanvalet, 2012, Seiten: 384, Originalsprache
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Andreas Kurth
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2012

Der dritte Akt: Die finsteren Tiefen der Psyche

Ein Mord in Berlin ist so bizarr, dass vom LKA Julius Kern, der Spezialist für solche Fälle, hinzu gezogen wird. Eine Frau hat sich erhängt, nachdem sie zuvor offenbar ihren Ehemann vergiftet hat. Es sieht nach einem ehelichen Konflikt aus, der tödlich eskaliert ist. Aber schon die Umstände am Tatort kommen Kern merkwürdig vor – und dann findet die Polizei ein obskures Schreiben mit einer Prophezeiung. Darin werden der Mord und auch der Selbstmord vorher gesagt. Sein Instinkt sagt Kern, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt, er will ermitteln, wird aber kurz darauf vom Staatsanwalt zurück gepfiffen. Dann gibt es jedoch eine neue Entwicklung, und der so genannte Nostradamus-Fall führt dazu, dass auch Kern mit seiner Familie in Gefahr gerät. Um seine Frau und Tochter zu retten, muss der erfahrene Ermittler seinen mit falscher Identität untergetauchten alten Erzfeind Tassilo Michaelis finden. Der  Wettlauf gegen die Zeit darf nur drei Tage dauern - und wird für den Kommissar und seine Familie zu einer erneuten Zerreißprobe.

Der Prophet des Todes ist der letzte Teil der Trilogie um den Ermittler Julius Kern und seinen Gegenspieler Tassilo Michaelis. Zumindest wurde es von Verlag und Autor so kommuniziert. Vincent Kliesch lässt seine Protagonisten einen ordentlichen Zeitsprung machen, der dritte Roman spielt fünf Jahre nach dem ersten Band, die Morde von Tassilo Michaelis liegen bereits acht Jahre zurück. Der Prolog gibt zunächst Rätsel auf, ist später aber wichtig für das Verständnis der gesamten Geschichte. Wie bei einer Trilogie zu erwarten, treten für die Leser der ersten beiden Bände viele alte Bekannte auf. Der Prophet des Todes kann allerdings durchaus auch einzeln gelesen werden, vieles wird in kurzen Sätzen erklärt. Wer die gesamte Trilogie genießen möchte, sollte allerdings mit dem ersten Buch beginnen.

Vincent Kliesch hat die bekannten Figuren geschickt weiter entwickelt, aber auch neue Leser finden hier höchst interessante Charaktere. Julius Kern ist ein Ermittler mit speziellen Talenten, die in diesem dritten Band allerdings etwas zu kurz kommen, weil wohl eher andere Dinge im Vordergrund stehen, aber die Auflösung etlicher Fragen aus den ersten Bänden darf hier natürlich nicht verraten werden. Soviel kann ich sagen: Man reibt sich die Augen, wie bestimmte Dinge tatsächlich zusammen hängen. Tassilo Michaelis, der in seinem aktuellen Domizil in zeitlichen Rückblenden auftritt, wird in diesem neuen Roman fast intensiver geschildert als der Kommissar. Es wird abermals deutlich, dass dieser skrupellose Mörder eine merkwürdig ambivalente Persönlichkeit ist.

Stilistisch weicht der Autor von den beiden Vorgänger-Romanen ab. In Der Prophet des Todes ist der Mörder nicht von Beginn an bekannt. Der Leser erfährt also nicht mehr als die Ermittler, und muss lange rätseln, was wohl hinter den mysteriösen Prophezeiungen stecken könnte. Man hat zur Mitte des Buches vielleicht eine Ahnung – echte Super-Detektive wissen vielleicht sogar schon mehr zu diesem Zeitpunkt .  Aber zum Finale hin gibt es so einige Überraschungen in diesem gut und flüssig erzählten Roman.

Der dritte Teil rundet die Trilogie in meinen Augen hervorragend ab. Einmal mehr gibt der gelernte Restaurantfachmann Vincent Kliesch erhellende Einblicke in die Widrigkeiten der Branche. Der immer wiederkehrende Konflikt mit unflätigen Gästen wird auch hier wieder mit einem lesenswerten Beispiel illustriert. Im Interview mit der Krimi-Couch hat der Autor verraten, dass er oder Kollegen alle geschilderten Situationen tatsächlich erlebt haben. Es muss ja nicht gleich Mord sein, aber die Contenance dabei zu bewahren, ist schon außerordentlich bewundernswert. Der Prophet des Todes bietet am Ende nicht so wirklich viel neues, ist aber ebenso unterhaltsam und lesenswert wie die zwei Vorgänger-Bände. Es geht um ungelöste Konflikte aus der Vergangenheit, um die Frage, wie ein Mörder zu dem wird was er ist, um Familie und Beziehung, und auch wieder um finstere Tiefen der menschlichen Psyche. Wichtig ist das Buch vor allem auch, weil so einige offen gebliebene Fragen beantwortet werden.  Aber jetzt darf aus der Feder von Vincent Kliesch auch gerne etwas ganz neues kommen.

Der Prophet des Todes

Vincent Kliesch, Blanvalet

Der Prophet des Todes

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