Ein Herzschlag bis zum Tod

  • dtv
  • Erschienen: Januar 2011
  • 3
  • München: dtv, 2011, Seiten: 336, Übersetzt: Susanne Goga-Klinkenberg
Ein Herzschlag bis zum Tod
Ein Herzschlag bis zum Tod
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Sabine Bongenberg
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2011

Wenn der Herzschlag zum Ruhepuls wird

Ein kurz aufblitzendes Kindergesicht, das ist alles, was die Journalistin Troy erkennen kann, als ein Bündel von einer Fähre ins Wasser geworfen wird. Dennoch bewegt allein dieser Anblick die junge Frau dazu, dem Bündel hinterherzuspringen und tatsächlich – sie kann einen kleinen Jungen vorm Ertrinken retten. Allein wer das Kind ist und wo seine Eltern leben weiß niemand. Scheinbar scheint niemand dieses Kind zu vermissen.

Grundsätzlich könnte für die junge Frau nun dennoch der Fall erledigt sein. Sie könnte den Jungen der Polizei übergeben und diese würde dann für alles Weitere sorgen. Troy beginnt jedoch auf eigene Faust nach den Verwandten ihres Schützlings zu suchen und selbst als sie diese gefunden hat, bohrt sie weiter um auch die Hintergründe für den Mordversuch an dem Jungen aufzuklären. Eins findet sie dabei auf jeden Fall heraus: Ihr Schützling ist in eine mysteriöse Verbrechensserie verstrickt und es bleibt ungewiss, ob seine Zukunft nun sicher ist.

Weitab von der Realität

Wenn eine sichere Schwimmerin ohne zu zögern im Hochsommer in einen See springt, weil sie einem Ertrinkenden helfen will oder sieht, wie ein Kind hineinfällt, ist das die eine Sache. Wenn eine unsichere Schwimmerin, an einem kalten und nebligen Tag in der Mitte des Sees dasselbe macht, um einem Bündel hinterherzuhechten, das möglicherweise, aber nur möglicherweise ein Kind ist , dann dürfte im Hinblick auf den Realitätsbezug der Geschichte zumindest schon der erste leise Zweifel angemeldet werden. Leider lässt es sich dann auch im weiteren Verlauf des Buches nicht vermeiden, dass weitere – immer lauter werde – Fragen auftauchen. So unterlässt die Heldin nach der Rettung des Kindes das Naheliegende: Die Polizei wird nicht informiert. Troy ermittelt vielmehr selber in der Angelegenheit und es gelingt ihr nicht nur, den Vater zu finden, sondern auch weitere Punkte aufzuklären, bei denen selbst die Gesetzeshüter versagten. Als sie bei dem Showdown der Geschichte auch noch einen Mord aufklärt, dürfte sie abschließend beweisen, dass es sich bei ihr um eine gelungene Kombination aus Lara Croft und Miss Marple handelt. Grundsätzlich ist eine solche Entwicklung schön und gut – sofern der Leser eine Schwäche für unglaubliche Geschichten hat. Tatsächlich aber können solche Konstruktionen nicht dazu beitragen, dass ein Thriller ernst genommen wird und damit dann auch eine entsprechende Gänsehaut-Spannung erzielen kann.

Er ist ja so süß

Dem Gänsehaut-Faktor wirken auch die Muttergefühle der Autorin kontraproduktiv entgegen, verfällt diese doch schon von Anfang an dem Kindchen-Schema. So ist der gerettete kleine Paul ein allerliebster Engel und seine anmutigen Verhaltensweisen und sein kuscheliges Wesen können nicht genug gerühmt werden. Vielleicht soll so allgemein Troys irrationales Verhalten erläutert werden, vielleicht befindet sich die Autorin aber auch in einer massiven Nestbauphase. Dennoch fällt es irgendwann schwer, schon wieder zu erfahren, was Paul Süßes, Liebes oder Nettes gemacht, gesagt oder getan hat. Enervierend auch hier, dass ein Großteil der Unterhaltung zwischen ihm und Troy erst einmal französisch und dann in der übersetzten Fassung wieder gegeben werden. Da für diese Konstruktion kein besonderer Grund erkennbar ist, kann allenfalls davon ausgegangen werden, dass die Autorin gerne ihre Französisch-Kenntnisse demonstrieren wollte.

Wieso Thriller?

Insgesamt fragt sich der Leser, ob der Begriff "Thriller" mittlerweile eigentlich für Alles herhalten muss. Auch wenn die Lektüre sicherlich nicht uninteressant zu lesen ist, ist sie doch von einer dichten Handlung weit entfernt. Zugegeben – der Auftakt und die folgende Rettungsaktion mögen fulminant und temporeich sein. Dennoch kann ein starker Anfang nicht der Garant für eine durchgehend gut erzählte Geschichte sein. Hier bliebe es, der Autorin zu wünschen, dass sie ihre Geschichte noch einmal kürzt, den "Nestbau" etwas mehr außen vor lässt und sich darauf besinnt, dass ein Thriller naturgemäß vom Verbrechen handelt, dessen Schilderung nicht immer familiengerecht – aber dafür spannend – sein sollte.

Ein Herzschlag bis zum Tod

Sara J. Henry, dtv

Ein Herzschlag bis zum Tod

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