Die Hand Gottes

  • Scorpio
  • Erschienen: Januar 2011
  • 2
  • München: Scorpio, 2011, Seiten: 560, Originalsprache
  • München: Knaur, 2016, Seiten: 411, Originalsprache
  • München: Scorpio, 2013, Titel: 'Die keltische Verschwörung', Seiten: 414, Originalsprache
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Jürgen Priester
49°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2011

Geschichtsklitterung

Der Journalist und Autor Thore D. Hansen ist (war) mit seinem Debütroman Die Hand Gottes auf Lesetour. Seine Lesungen sind als multimediale Events konzipiert, die besonders in spirituellen Kreisen Anklang gefunden haben. Der Trailer zu Buch und Tour lässt erahnen, dass der Inhalt von Hansens Buch sich gegen die Katholische Amtskirche richtet und dass die untergegangene keltische Kultur eine Rolle spielt.

Bei der Suche nach seinen eigenen Wurzeln, so ist es in der Biographie des Autors zu lesen, sei er auf die Kelten und deren religiöse Führer, die Druiden gestoßen. Über deren Verschwinden aus Mitteleuropa um die Zeitenwende vor gut 2000 Jahren gibt es nur wenig schriftliche Zeugnisse, deshalb ist einer Spekulation über dieses Thema Tür und Tor geöffnet. Hansen sieht die fortschreitende Christianisierung zu der Zeit er erwähnt explizit den römischen Kaiser Konstantin, den Ersten - als Hauptursache für den Untergang des Keltentums an eine gewagte These, über die man trefflich streiten könnte. Aber hier ist weder der Ort einer historischen und/oder religions-philosophischen Betrachtung, noch ist das historische Wissen des Rezensenten fundiert genug, um über diesen umfangreichen Komplex eine Diskussion zu führen. Sich aber eine gute Allgemeinbildung zu Gute haltend, sind dem Rezensenten doch etliche Unschärfen und Verallgemeinerungen aufgestoßen, die in einem seriösen Text nicht zu suchen haben. Ein Einwand, dass es sich hier doch um einen Thriller handele, der einem Autor großzügige Freiheiten einräumt, sticht nicht, da sich die zu monierenden Stellen deutlich vom fiktiven Plot abgrenzen.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges sind britische Truppen auf dem Vormarsch auf das damalige Deutsche Reich. Eine kleine Vorhut unter dem Kommando von Major Sean MacClary erreicht den Magdalensberg in Kärnten nahe der jugoslawischen (heute slowenischen) Grenze. Als einer der Soldaten in eine Höhle einbricht, tut sich dem Kommandanten, der im Zivilberuf Archäologe ist, eine wahre Schatzkammer auf. Der Soldat scheint in eine Art geheimes Scriptorium der Kelten gestürzt zu sein.Hunderte von Schriftrollen, Kultgegenstände und Artefakte sind hier seit 1700 Jahren, wie sich später herausstellen wird, verborgen. Viel kann MacClary nicht mitnehmen, das ja Krieg herrscht. Das wenige wird in eine Kiste gepackt. Mit einem fingierten Granateinschlag wird der Zugang zur Höhle wieder verschlossen.

Schwer verwundet stirbt MacClary kurze Zeit später in einem Lazarett. Vor seinem letzten Atemzug kann er seinem fünfjährigen, mit der Mutter angereisten Sohn Ronald einen bedeutungsvollen Hinweis auf seinen Fund geben.

Gut sechzig Jahre später. Sohn Ronald ist mittlerweile Vorsitzender Richter am Surpreme Court der USA. Das Vermächtnis seines Vaters hat ihn über Jahrzehnte beschäftigt, aber er ist weder zu einem befriedigenden Ergebnis gekommen, noch hat er das Rätsel um die geheime Grabkammer der Kelten lösen können. Bevor Ronald sich der Juristerei zuwendete, studierte er Archäologie und spezialisierte sich in seiner Freizeit auf das Erbe der Kelten. Als nachgefragter Vortragsreisender referiert er zur Zeit in Dublin über "Die systematische Vernichtung keltischer Kultur und europäischer Naturvölker ..." - ein Vortrag, der einer Generalabrechnung mit dem Monotheismus, namentlich mit der Römisch-Katholischen Kirche gleichkommt. Natürlich hat der "Ketzer" schon lange die Aufmerksamkeit des Vatikans erregt, dessen Agenten schon vor Ort sind.

Ronald MacClary ist kein Einzelkämpfer. Zu seinen Unterstützern zählen der Aussteiger und Neu-Druide Thomas Ryan und die Sprachwissenschaftlerin Deborah Walker. Zu ihnen gesellt sich der Heiler Adam Shane, der wegen des Vortrags und einer beginnenden Freundschaft zu Ryan aus Österreich angereist war. Wie der Zufall oder die Vorsehung je nach Interpretation es so will, kann bei einem Treffen der Vier das Geheimnis um den Keltennachlass gelüftet werden. Eine unsichtbare Schrift sichtbar gemacht, offenbart die Koordinaten der Höhle auf dem Magdalensberg. Sie beschließen, eine kleine Expedition dorthin zu machen. Der Feind mit tausend Ohren hat natürlich mitgehört. So kommt es an der Höhle zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung.

Hansens Roman folgt im wesentlichen dem althergebrachten Schema aller Vatikan- oder Kirchenthriller: ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit der (katholischen) Kirche wird entdeckt und der Vatikan mit seiner unüberschaubaren Schar an Helfershelfern ist rigoros bemüht, eine Veröffentlichung zu verhindern. Hansen bereichert dieses Grundkonzept mit einer ganz pfiffigen Variante, indem er seine Protagonisten einen Zivilprozess gegen den Vatikan vor dem höchsten amerikanischen Gericht anstreben lässt, der zudem das Wohlwollen und die Unterstützung einer fiktiven amerikanischen Präsidentin genießt, die sich auch nicht scheut, vor der UNO-Vollversammlung die Abkehr von der zerstörerischen Wachstumsideologie zu proklamieren.

Wenn Hansen das "Dominium terrae", also die Herrschaft des Menschen über die Natur, die das Alte Testament (Gen. 1.28) mehrdeutig formuliert, infrage stellt, kann er der Zustimmung der meisten Leser sicher sein. Und mittlerweile hat auch der amtierende Papst bemerkt, dass es da eine jahrhundertelange Fehlentwicklung gab, die gerade seine Kirche maßgeblich mitgestaltet hat, (auch, wenn er Letzteres gerne weglässt.) Auf die dunklen Seiten und Zeiten der Missionierung durch die Katholische Kirche hinzuweisen und sie anzuprangern, ist sachlich richtig, bietet aber grundsätzlich nichts Neues. Leider wird der Autor bei wichtigen Fakten unpräzise, wenn es z.B. um die Eroberung oder Besiedelung Amerikas oder Australiens geht. Es darf nicht der Eindruck entstehen, die spanischen Eroberer Südamerikas seien allein zur Missionierung ausgesendet worden. Den Conquistadores ging es in erster Linie um materielle Werte. Dass die sie begleitenden Missionare das grausame Gemetzel absegneten, ist eine andere Sache. Aber das soll jetzt nicht zu weit führen.

Als ebenfalls großes Manko ist festzustellen, dass der Plot sich so sehr auf Zufälle stützt, dass man als Leser schon fast die Krise bekommt. Auch wenn der Autor bemüht ist, diese Häufung von Zufällen als Vorsehung oder Vorbestimmung zu verbrämen, indem er behauptet, die Zeit sei nun reif für bestimmte Dinge, macht sie nicht glaubwürdiger. Das mag der Unerfahrenheit des Autors geschuldet sein oder seiner Hoffnung, dass die Zufälligkeiten der guten Sache wegen vom Leser toleriert würden.

Es tut dem Rezensenten richtig weh, dem Autor soviel ankreiden zu müssen. Hansens Begeisterung für sein Thema ist deutlich aus den Zeilen zu lesen und seine Botschaft ist eigentlich über jede Kritik erhaben. Man kann heute weder die Zeitung aufschlagen, noch den Fernseher anmachen, ohne damit konfrontiert zu werden, dass die Welt aus den Fugen geraten ist. Warum das so ist, dafür gibt es viele Gründe. Einer davon ist mit Sicherheit die Intoleranz und Rigidität der Katholischen Kirche. Nur, das ist jetzt auch keine Neuentdeckung, deshalb ist das Pathos, mit dem der Autor um sich wirft, völlig unangebracht. Selbstbeweihräucherung mag in gewissen Kreisen zum Umgangston zu gehören, in einem Thriller wirkt sie deplatziert.

Für Anfänger mag Thore D. Hansens Thriller noch weitgehend akzeptabel sein. Wer aber ein wenig Leseerfahrung in diesem Genre hat, wird daran Anstoß nehmen, mit welcher Impertinenz der Zufall immer wieder Hilfestellung leisten muss. Manche Szenen zeugen zudem von mangelnder Sachkenntnis wie zum Beispiel der Einbruch in das Vatikanische Geheimarchiv.in Orvieto.

Ausschweifende und redundante Tiraden gegen die Katholische Kirche stören bei aller Berechtigung den Aufbau eines Spannungsbogens, wie es auch die wohl unvermeidliche Liebesgeschichte tut. Selbst einen Thriller schreibt man nicht so aus dem Handgelenk.

Hansens Motivation für diesen Roman wird sicher nicht pekuniärer Art gewesen sein, sondern philanthropischer. Leider hat er das falsche Genre gewählt.

Der amerikanische Richter Ronald MacClary ist einem ungeheuren Verbrechen auf der Spur: Er glaubt zu wissen, dass die katholische Kirche vor fast 1700 Jahren die keltischen Druiden nicht nur brutal ausgerottet, sondern auch deren Wissen geraubt hat. Gemeinsam mit dem Heiler Adam Shane, der Sprachwissenschaftlerin Deborah Walker und dem Druiden Thomas Ryan beginnt er zu recherchieren. Es kommt zu einem spektakulären Prozess, in dem der Vatikan und der Papst an ihre letzte Grenze stoßen werden. Doch die Mächtigen im Vatikan setzen alle Hebel in Bewegung, um den Prozess zu verhindern.

Die Hand Gottes

Thore D. Hansen, Scorpio

Die Hand Gottes

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