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  • Grafit
  • Erschienen: Januar 2011
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  • Den Haag: Uitgeverij, 2010, Titel: 'Wachtwoord', Seiten: 515, Originalsprache
  • Dortmund: Grafit, 2011, Seiten: 448, Übersetzt: Stefanie Schäfer
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Dieter Paul Rudolph
66°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2011

Nur Pflicht, nicht Kür

Michael Bellicher ist ein Geknechteter des digitalen Zeitalters. Seit drei Romanen schon treiben üble Mächte ihr böses Spiel mit ihm, besuchen ihn via Internet, dringen in seine Privatsphäre ein, manipulieren seine Existenz, nutzen sie zu eigenen Zwecken und sind jederzeit bereit, sie auch physisch zu vernichten. Gut, für den holländischen Unternehmensberater ist es immer besonders dicke gekommen, vor allem im zweiten Roman "Die Zelle", als ihm die finsteren Burschen eine Zweitexistenz überstülpten, von der er natürlich nichts ahnte und die sein Leben zu einem Alptraum werden ließ. Aber realistisch war das schon. Das Internet ist eine potentielle Gefahr, seine Nutzer sind potentielle Opfer. Das hat der Autor eindringlich und spannend dargelegt.

Bisher jedenfalls. Denn "Password" fällt im Vergleich zu den beiden Vorgängerwerken ab. Was vielleicht daran liegt, dass die Leser inzwischen wissen, was sie zu erwarten haben. Trouble für Michael Bellicher nämlich. Diesmal geht es um seine Freundin Guus, jene Anwältin, die ihm in "Die Zelle" zunächst übel mitspielte, sich dann besann und mithalf, Bellichers Existenz wieder ins Lot zu bringen. Für ihre Aktivitäten hat sie durch eine mehrmonatige Gefängnisstrafe gebüßt. Dann, am Tag ihrer Entlassung, verschwindet sie plötzlich. Ohne Bellicher und ihre Mutter zu informieren, einfach so mit zwei dubiosen Männern in einer Luxuslimousine.

Dass dahinter ein Mädchenhändlerring steckt, der arglose Frauen aus Russland und der Ukraine gen Westen vertickt, wird rasch klar. Aber nicht nur Guus ist verschwunden, auch Bellichers Arbeitslaptop, auf dem sensible Daten gespeichert sind, deren Missbrauch – auch das ahnt man – ihn wieder einmal in Schwierigkeiten bringen wird. Der Held kann also gar nicht anders, als sich auf die Suche nach seiner Freundin zu begeben. Hilfe bekommt er dabei von deren Mutter, die er "Schwiegermutter Nullfünf" nennt, einer leicht spleenigen, ins Esoterische abgedrifteten Hausbootbesitzerin, sowie einer ebenfalls nicht mehr ganz jungen ehemaligen Puffmutter mit guten Beziehungen, die Bellicher bald gebrauchen kann.

Die Spur führt schließlich nach Odessa, wohin Guus gereist ist. Arbeitet sie etwa mit den Mädchenhändlern zusammen? Vieles spricht dafür und Michael Bellicher hat mehr als einmal Veranlassung, an der Loyalität der Verschwundenen zu zweifeln. Und genau hier beginnt das eigentliche Problem des Romans: Bellicher zweifelt. Er wiederholt sich. Er führt abseitige Gespräche mit "Schwiegermutter Nullfünf", er verliebt sich neu, er jammert, er zweifelt wieder und wiederholt sich zum wiederholten Male. Über allem schwebt das Internet mit seinen Möglichkeiten. Trojaner werden auf Rechner geschmuggelt, um deren Webcams zu kontrollieren (was übrigens tatsächlich funktioniert und worüber sich vor allem die Eltern minderjähriger chattender Töchter Gedanken machen sollten), die titelgebenden Passwörter (warum der Roman "Password" und nicht "Passwort" heißt, erschließt sich einem nicht) spielen eine tragende Rolle, allerdings: so tragend nun auch wieder nicht. Es wirkt diesmal etwas beliebig, wie den Tex uns die Risiken des ständigen Online-Daseins schildert.

Nicht dass die Geschichte generell langweilig wäre. Es geschieht ziemlich viel, wenn auch meistens nach den bereits angedeuteten redundanten Grübeleien des Protagonisten. Nur: Nichts davon überrascht wirklich, nichts berührt einen so wie das Aus-der-Normalität-gefallen-sein in "Die Zelle". Schuld daran hat nicht nur die Figur des Bellicher. Auch seine Begleiterinnen sind, pardon, ziemlich nervig und entsprechen höchstenfalls Klischees. Die Schwiegermutter in spe macht auf weise Esoterikerin, die Puffmutter hat natürlich das Herz auf dem rechten Fleck usw. Die Bösen sind abgrundtief böse, Guus wird gefunden, das Leben geht, anders als vorher, weiter. Ganz ehrlich: Eine vierte Begegnung mit Michael Bellicher gehört nicht unbedingt zu den Dingen, auf die ich mit Ungeduld warte. Dazu war die dritte zu durchschnittlich, zu vorhersehbar, zu sehr nette Pflichtübung.

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Charles den Tex, Grafit

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