Französisches Roulette

  • Diogenes
  • Erschienen: April 2021
  • 3

- OT: A Shooting at Chateau Rock

- aus dem Englischen von Michael Windgassen

- leinengebunden, 368 Seiten

- Bd. 13 [Bruno, Chef de Police]

Französisches Roulette
Französisches Roulette
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Jörg Kijanski
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2021

13 ist nicht immer eine Unglückszahl

Gaston und Claudette Driant bitten Bruno Courrèges, Chef du Police in Saint-Denis, um Hilfe. Kürzlich verstarb ihr Vater und hinterließ seinen Kindern: nichts. Offenbar hat er seinen Hof unmittelbar vor seinem plötzlichen Ableben an eine Versicherungsagentur verkauft, um es sich den Rest seines Lebens in einer noblen Seniorenresidenz gut gehen zu lassen. Dabei nahm er aber nicht den in Saint-Denis ansässigen Notar Brosseil in Anspruch, der seit jeher die Familie Driant als Mandanten betreute, sondern einen windigen Anwalt aus Périgeux, der offenbar mit einer ebenso undurchsichtigen Versicherungsgesellschaft zusammen arbeitet.

Bruno will Gaston und Claudette helfen - zumal ihm die Umstände beim Tod ihres Vaters seltsam erscheinen. Gleichwohl stellt sich die Situation wie folgt dar: Dr. Gelletreau ist sich nahezu sicher, dass der vorerkrankte Driant an einem Herzversagen starb, und da es keinen Anlass für eine Autopsie gab, wurde die Leiche bereits eingeäschert. Der Fall, der womöglich gar keiner ist, wäre folglich erledigt - doch Bruno wäre nicht er selbst, wenn er nicht hier und da noch ein paar Gespräche führen würde. So führt ihn eine Spur zu dem sogenannten ChâteauRock, in dem der gealterte Ex-Rockstar Rod Macrae mit seiner Familie lebt. Seine dreißig Jahre jüngere frau will sich jedoch von ihm scheiden lassen, ihr eigenes Leben führen anstatt in Zukunft einen alten Mann zu pflegen. Doch zunächst haben sich die bereits erwachsenen Kinder Jamie und Kristy angekündigt, die mit ein paar Freunden einige Zeit im Périgord verbringen möchten. Darunter ist auch Galina, auf die Jamie ein Auge geworfen hat und die schnell Brunos Interesse weckt - denn sie ist die Tochter des schwerreichen Oligarchen Stichkin. Dieser ist nicht nur ein enger Vertrauter von Putin, der bei den gewalttätig niedergeschlagenen Ausschreitungen auf dem Majdan in der Ukraine eine unrühmliche Rolle spielte, sondern auch der Financier der eingangs erwähnten Seniorenresidenz ... 

Brunos Ermittlungen führen nach Malta, Zypern und in die Ukraine

Martin Walker hat mit seiner Bruno-Chef-du-Police-Reihe längst eine Millionenauflage in Deutschland erreicht. Kein Wunder also, dass der 1947 in Schottland geborene Autor seinem Stil treu bleibt, welcher da lautet, dass gutes Essen und Trinken zum Leben einfach dazu gehört. Leben wie Gott in Frankreich, könnte man passenderweise sagen, und so ziehen sich die ersten hundert Seiten ganz ordentlich in die Länge. Wobei: Gerade deswegen lieben ja viele Menschen die Serie. Man begleitet Bruno auf seinem täglichen Rundgang durch Saint-Denis, wo es am Marktplatz nicht nur einen Kaffee zu trinken und ein Croissant zu frühstücken gilt; auch das menschliche Zusammenleben in dem beschaulichen Ort will vorgestellt werden, ebenso wie eine Reihe von Nebenfiguren, die aus den Vorgängern bereits bekannt sind.  

„Wieder im Büro, stand Bruno nicht der Sinn nach Arbeit.“

Basset Balzac will ausgeführt, Hector ausgeritten und die besten Freunde Brunos einmal wöchentlich bekocht werden. Allein das Kochevent kann sich dabei schon mal über mehrere Seiten hinziehen; danach kann man die Gänge fast nachkochen. Neben diesen unumgänglichen, gleichwohl seitenverzehrenden Nebenschauplätzen, ist der vorliegende, dreizehnte Band jedoch besonders politisch angehaucht. Politische Aspekte gab es bereits in den Vorgängern, doch hier ist es noch mal einen Tick intensiver: Es geht um die Vorfälle in der Ukraine, den brutal niedergeschlagenen Aufstand auf dem Majdan, reiche Russen, die sich auf Zypern oder Malta einen europäischen Pass besorgen, um somit europäische Staatsbürger zu werden. Auch das Verhalten der EU gegenüber Russland wird thematisiert - und manch‘ Leser wird daher früh erahnen, wie es letztlich für den oder die Täter ausgeht.

Fazit

Man mag die Krimiserie angesichts der vielen nicht-kriminellen Einflüsse etwas langatmig finden; langweilig ist sie keineswegs. Obwohl es zu Beginn gar keinen Fall zu geben scheint, ist es (immer wieder) erstaunlich wie Martin Walker daraus dann letztlich doch noch eine beeindruckende Geschichte bastelt. Dass einem währenddessen das sprichwörtliche Wasser im Mund zusammenläuft, ist den Kochkünsten Brunos und dessen Weinkenntnissen zu verdanken. Wer es nach der kurzweilig-entspannenden Lektüre noch genauer wissen will, dem sei Brunos Kochbuch und Brunos Gartenkochbuch empfohlen. Bon appétit!

Französisches Roulette

Martin Walker, Diogenes

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