Femme fatale
- Diogenes
- Erschienen: Januar 2013
- 7
- London: Quercus, 2012, Titel: 'The devil's cave', Originalsprache
- Zürich: Diogenes, 2013, Seiten: 8, Übersetzt: Johannes Steck
Angler, Haie, Satanisten
Ach ja, das Périgord: Ein Landstrich für Genießer, in den sich Martin Walker schon vor langer Zeit verliebt hat idyllisch und rustikal. Hier wirkt Bruno, Polizeichef eines kleinen Kaffs, der immer wieder kleine Mordfälle zu lösen hat, sich ansonsten mal mit häuslicher Gewalt, mal mit Betrügereien herumzuschlagen hat.
Diesmal wirds im großen Stil international, was man nach dem beschaulichen Beginn mit Flussfahrt und Reitausflug kaum erwartet und Bruno landet in einer gefährlichen Zwickmühle. Zunächst aber fließt der Roman betulich dahin wie das Flüsschen, auf dem ein Kanu mit einer seltsam hergerichteten Frauenleiche fährt. Wir wissen schnell: Bruno bekommt es diesmal mit Satanisten zu tun.
Es sind wieder die altbekannten Zutaten, die Walker eine große Leserschaft einbrachten: Die friedliebende, manchmal linkische Ein-Mann-Polizei in Gestalt von Bruno wird durch dieselben Personen unterstützt, die von Anfang an seiner Seite waren. Nur Pamela, die Schottin, die sonst mit der distanzierten Sichtweise der Ausländerin auf Land und Leute schaut, taucht lediglich am Telefon auf. Vielleicht wollte Martin Walker auf die Figur weitgehend verzichten, weil er diese Position inzwischen nicht mehr mag. Immerhin: Einigermaßen distanziert ist seine Erzählung meistens, diese ländlichen Franzosen werden oft mit halbwegs fremden Augen geschildert.
Ansonsten: Ein paar Rezepte, weitschweifende Beschreibungen einfacher und gehobener Küche, gemeinsame Essen, hin und wieder ein Aperitif, ein Gläschen Wein. Auf die Lebensart der Gegend kommt es dem Autor manchmal mehr an als auf Logik im Fall oder auf die kriminalistischen Details bei aller Eleganz, mit der die einzelnen Stränge zu einem bunten Strauß gebunden werden.
Satanisten hat Bruno also am Hals, einen prügelnden Ehemann und Vater dazu, und schließlich muss er den Bürgermeister, dem er in fast schon devoter Weise verbunden ist, vor einem gewaltigen Fehler schützen. Denn Immobilienhaie wollen mit einer Ferienanlage samt Golfplatz Geld aus der schönen Gegend holen. Der Bürgermeister sieht Arbeitsplätze, die Einheimischen befürchten steigende Preise und das Ende der Idylle. Als schließlich klar wird, dass man es mit organisiertem Verbrechen zu tun hat, ist es schon fast zu spät.
Satanisten, Immobilienhaie, Waffenhändler, das ist für's beschauliche Städtchen Saint-Denis etwas viel auf einmal. Da geht Walker, anders als Bruno beim Reiten, etwas der Gaul durch, zumal beim actionüberfrachteten Finale.
Seine Stärken hat Femme fatale in den eher ruhigen Momenten, die man allerdings aus den anderen Bänden kennt: beispielsweise in der Beschreibung der kauzigen Leute mit ihren Gewohnheiten, auch in der durchaus liebevollen Gestaltung der Frühlingsgefühle, die den nicht immer einsamen Polizisten umtreiben Brunos Umgang mit dem weiblichen Geschlecht ist mehr als dilettantisch, was aber auch mal nerven kann. Positiv ist immer wieder, dass die sozialkritischen, durchaus linken Ansichten von Bruno so gar nicht zu seiner Vita mit Heim, Militär und Polizei passen, sondern eher zum schottischen Autor. Das klingt paradox, ist aber so.
Erzählt ist das alles sehr souverän, auch wenn die Eindringlinge in die Idylle, die den Krimi eigentlich ausmachen sollten, seltsam blass und hölzern bleiben. Die Entwicklungspunkte sind schön gesetzt, die Spannungskurve steigt zwar etwas lahm, ist aber raffiniert ausgearbeitet. Und doch ist es teilweise Prosa wie aus den Hochglanzbroschüren der Tourismusbranche: Nett, aber nichtssagend. Die Palette reicht von austauschbaren Floskeln bis zu fast schon verlogenen Anbiederungen an die ach so tolle französische Lebensart.
Ein bisschen bleibt der Geschmack: Der Verlag hat gedrängt, er möge bis zu einem bestimmten Termin liefern, der Markt braucht jetzt Band fünf. Diese These belegt der Roman durch etliche Schludereien und Anschlussfehler, die manchmal fast unfassbar sind. Ein gutes Lektorat hätte das schon im Original ausgebügelt. Und die Ausflüge in die Geschichte, vom Sonnenkönig bis zum Zweiten Weltkrieg lesen sich teils wie Füllmaterial, das man auch einfach hätte weglassen können.
So scheint mir, dass die Geschichte auserzählt ist, dass wirklich nichts mehr einen sechsten Band rechtfertigen dürfte. Damit wäre eine Reihe komplett, die einige Höhepunkte, aber auch viel zu viel Beschaulichkeit und leider immer wiederkehrende Landschaftsbeschreibungen bietet, die sich leicht guttenbergen lassen. Allerdings: Solange der Erfolg bleibt, wird Bruno kaum ein Ende finden.
Martin Walker, Diogenes
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