Fürchte die Schatten
- Goldmann
- Erschienen: Dezember 2020
- 4
- OT: When she was good
- aus dem Englischen von Kristian Lutze
- Bd. 2
- Broschur, 480 Seiten
Grandiose Fortsetzung der Reihe
Cyrus Haven, forensischer Psychologe, wird als polizeilicher Berater zu einem vermeintlichen Selbstmord in der Nähe von Manchester hinzugezogen. Detective Superintendent Hamish Whitmore, der erst vor wenigen Monaten aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt wurde, hat sich selbst enthauptet. Haven findet aber Hinweise, die einen Suizid in Zweifel ziehen. Als er zusammen mit der leitenden Ermittlerin Lenny Parvel die Frau des Opfers über den Tod informiert, erfahren sie, dass bereits ein Polizist bei der Familie vor Ort war. Wer ist dieser Unbekannte? Haven und Parvel haben einen furchtbaren Verdacht, können einen weiteren Mord aber nicht verhindern.
Spuren in die Vergangenheit
Detective Whitmore hat sich in den letzten Monaten vor seinem Tod mit dem alten Fall eines pädophilen Vergewaltigers beschäftigt. Dabei ist er anscheinend auf Ungereimtheiten gestoßen. Doch die Unterlagen wurden von dem Unbekannten, der sich als Polizist ausgegeben hatte, gestohlen. Dennoch findet Haven einen Hinweis, der ihn zusammenschrecken lässt - denn die Spur führt zu Evie Cormac. Seit man diese vor einigen Jahren aus den Fängen eines angeblichen Entführers rettete, verbirgt sie verzweifelt ihre wahre Identität und Geschichte - denn wer immer die Wahrheit über sie zu wissen glaubte, musste sterben. Haven will endlich Licht ins Dunkel bringen. Was er nicht ahnt ist, dass ausgerechnet er damit Evies Todfeinden einen entscheidenden Hinweis liefert. Und die Jagd auf sie beginnt von Neuem ...
Australischer Bestseller-Autor
Michael Robotham war lange als Journalist tätig, bevor er sich ganz der Schriftstellerei widmete. Internationale Bekanntheit erwarb der Thrillerautor durch seine grandiose Reihe um den an Parkinson erkrankten Psychologen Joe O`Loughlin und den privaten Ermittler Vincent Ruiz. Mit Die andere Frau erschien Ende 2018 der elfte und bisher letzte Band der Reihe.
Im Dezember 2019 veröffentlichte der Goldmann Verlag Schweige still,den fulminanten Auftrag einer neuen Reihe um die mysteriöse Teenagerin Evie Cormac und den forensischen Psychologen Cyrus Haven. Im aktuellen zweiten Band erfährt man nun mehr über die dunkle Vergangenheit von Evie und über den Mann, der sie einst angeblich entführte.
Unterschiede zur alten Reihe
Viele, die mit Begeisterung die Reihe um O`Louglin und Ruiz gelesen haben, waren zunächst sicherlich enttäuscht, dass diese Serie nach dem 11. Band (hoffentlich nur vorläufig) ihr Ende fand. Als Robotham dann für seinen nächsten Mehrteiler erneut einen Psychologen als Hauptfigur wählte, musste man bezweifeln, dass dies funktionieren würde; zu groß schien die Ähnlichkeit zwischen den Reihen.
Dabei unterscheiden sich die Hauptcharaktere der beiden Reihen deutlicher, als man zunächst glauben mag: Joe O`Loughlin stammt aus privilegierten Verhältnissen. Er hat ein nahezu perfektes Leben - wären da nicht seine Erkrankung und die Beziehungsprobleme mit seiner Ehefrau. Cyrus Haven besitzt dagegen einen anderen Hintergrund: Nachdem seine Eltern und seine Schwestern von seinem eigenen Bruder ermordet wurden, wuchs er bei den Großeltern auf. Seine Motivation, forensischer Psychologe zu werden, ist es, zu verstehen, was damals geschehen ist. Gleichzeitig versucht er dadurch seine Schuldgefühle zu verarbeiten, da er überlebte, während die anderen sterben mussten. Dennoch - oder vielleicht deshalb - hat er eine enge Beziehung zu seinem Bruder, der in einer forensischen psychiatrischen Klinik untergebracht ist.
Verletzte Charaktere
Die Ereignisse rund um ihre angebliche Entführung und die brutale Ermordung des mutmaßlichen Peinigers vor rund sieben Jahren haben bei der 17-jährigen Evie Cormac tiefe Narben hinterlassen. Auch wenn der zweite Fall für Cyrus Haven nun etwas Licht in die dunkle Vergangenheit der Teenagerin bringt, verliert die junge Frau wenig von ihrem mysteriösen Charme. Grundsätzlich zeigt sich Evie sehr ambivalent: Sie ist ein ängstliches, verstörtes Kind; sie ist selbstzerstörerisch, hasst sich, ist anti-sozial, widersetzt sich jeder Kritik. Im nächsten Augenblick kann sie aber auch eine taffe, selbstbewusste, unerschrockene junge Frau sein, die für den über zehn Jahre älteren Haven durchaus reizvoll erscheint.
Dies alles macht den Umgang mit ihr auch so schwierig. Evie ist eine verletzte Seele - und das ist es auch, was sie mit Cyrus Haven verbindet. Beide leiden unter ihrer Vergangenheit und ihr gesamtes Handeln wird bis heute davon bestimmt. Sehr gut deutlich wird dies, wenn Evie sagt: „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich vorher schon mal irgendetwas mit jemandem gemeinsam hatte … nicht, bis ich Cyrus getroffen und mit ihm einen anderen Menschen gefunden habe, der auch überlebt hat.“ Eine besondere Tiefe in der Darstellung der Figuren erreicht der Autor dadurch, dass die Geschichte wechselweise aus der Perspektive von Evie und Cyrus geschrieben ist.
Thriller mit Tiefgang
Robotham versteht es sehr geschickt, Evies Vergangenheit schrittweise zu lüften, ohne dabei bereits alle Karten auf den Tisch zu legen. Die Spuren führen bis in hohe politische und gesellschaftliche Kreise. Wer hinter den damaligen und aktuellen Ereignissen wirklich steckt, bleibt letztendlich aber noch offen und macht bereits jetzt Lust auf einen dritten Band. Der Autor hält die Spannung konstant hoch und jagt den Leser - wie man es von ihm gewohnt ist - in einem atemberaubenden Tempo durch die Handlung. Die Mischung aus knallhartem Thriller und persönlichen Schicksalen, die er ebenso beeindruckend zu schildern weiß, machen den besonderen Reiz bei Robotham aus. Ein Psychothriller der besonderen Art.
Wer den ersten Band der Haven-Cormac-Reihe noch nicht gelesen hat, sollte damit einsteigen, um der Handlung besser folgen zu können. Zudem ist auch der erste Band der Reihe bereits mehr als lesenswert.
Fazit
Robotham gelingt erneut ein mitreißender, packender Roman. Seine neue Reihe beweist einmal mehr, warum er zu den besten Thriller-Autoren weltweit gehört; es ist mehr als beeindruckend, auf welch konstant hohem Niveau der Australier schreibt. Seine Romane stehen für eine mitreißende Story, eine überzeugende Figurendarstellung und jede Menge Action. Ein Muss für jeden Thriller-Fan!
Michael Robotham, Goldmann
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