Rot wie Schnee
- dtv
- Erschienen: Januar 2009
- 3
- Stockholm: Ordfront, 2005, Titel: 'Mannen från bergen', Originalsprache
- München: dtv, 2009, Seiten: 432, Übersetzt: Sigrid Engeler
Multi-Kulti in Schweden
Am größten Manko des Buches ist der Autor unschuldig. Dieses befindet sich nämlich auf der Rückseite. Wieder einmal lässt ein Klappentext völlig falsche Erwartungen entstehen und so die falschen Käuferschichten auf das Buch aufmerksam werden:
In Uppsala wird ein Mann mit durchgeschnittener Kehle [...] gefunden. Die Ermittlungen führen [...] in das trendige Restaurant »Dakar«, in dem jeder verdächtig zu sein scheint.
Das klingt nach akribischer Polizeiarbeit und einem spannenden Whodunit-Krimi. Doch weit gefehlt - der Leser ist mit dabei, als das Opfer auf Seite 100 zu Tode kommt und schaut den Ermittlern fortan als Wissender zu.
Auf den vorhergehenden 99 Seiten führt Kjell Eriksson kapitelweise die beteiligten Personen ein, Serien-Ermittlerin Ann Lindell wartet noch auf ihren ersten wirklichen Auftritt.
Manuel Alavez stammt aus einem kleinen Bergdorf in Mexiko, wie die anderen Männer aus seinem Dorf immer dorthin unterwegs, wo es Arbeit gibt, um die Familie ernähren zu können. Seine beiden Brüder wollten ans große Geld und ließen sich als Drogenkuriere anheuern. Einer kam dabei ums Leben, der andere sitzt für Jahre in einem schwedischen Gefängnis. Manuel macht sich auf, den Bruder zu besuchen.
Slobodan Anderson, Sohn einer serbischen Mutter und eines schwedischen Vaters, arbeitet als Gastronom in Uppsala, wo er zwei Restaurants betreibt. Doch die wirklichen Geschäfte macht er mit seinem Partner Armas im Drogenhandel.
Johnny Kvarnheden kommt auf der Flucht von einer gescheiterten Beziehung nach Uppsala und bekommt einen Job in der Küche des Restaurants "Dakar".
Eva Willman, alleinerziehende Mutter zweier pubertierender Söhne, braucht jede Krone und ist glücklich, dass sie die Stelle als Bedienung im "Dakar" erhält. Doch das Glück scheint nicht von Dauer, denn ihr Sohn Patrik lässt sich in ungesetzliche Dinge hineinziehen.
Unaufgeregt, aber auch unspannend
"Rot wie Schnee" ist der siebte Krimi aus Erikssons Reihe um Kommisarin Ann Lindell und der fünfte, der für das deutsche Publikum übersetzt wurde. Ann Lindell und die Riege der Ermittler vom Kommissariat in Uppsala sind jedoch nicht mehr als schmückendes Beiwerk für eine Handlung, in der eher Menschen aus den unteren sozialen Schichten die größeren Rollen spielen. Den Leser erwartet ein in mancher hinsicht typischer Schwedenkrimi, in anderer ein eher untypischer.
"Typisch", das sind die sozialen Aspekte. Eine Milieustudie, die eine Multi-Kulti-Gesellschaft zeigt, in der es für viele um eine gesicherte Existenz geht. Man ist froh, wenn man Arbeit hat, die Kleinkriminalität steigt, Drogenhandel wird zum Problem und für Jugendliche steht eine ungewisse Zukunft bevor. "Untypisch" dagegen die Polizeiarbeit: die Ermittler treten nicht als ein Team auf, sondern wursteln so vor sich hin, ohne wirkliche Ergebnisse vorweisen zu können.
Erikssons Schreibweise ist sachlich und schnörkellos. Dies macht "Rot wie Schnee" zu einem wohltuend unaufgeregten Krimi, leider auch zu einem weitgehend unspannenden. Die Charaktere der Ermittler bleiben blass. Eine Vorstellung für Serien-Neueinsteiger findet erst viel zu spät statt. Auch Ann Lindell selbst fällt nur durch ihre Unschlüssigkeit über die Beziehungen in ihrem Privatleben auf, so dass die authentischen Nebendarsteller zu den eigentlichen Protagonisten des Krimis werden. Insbesondere Eva Willmann und der Mexikaner Manuel sorgen dafür, dass der Leser noch ein paar Sympathiepunkte verteilen kann. "Schuld und Sühne" bildet das Hauptthema, die Moral steht im Mittelpunkt und sorgt so bei manchem Krimileser für ein wenig Nachdenken. Lange im Gedächtnis bleiben dürfte der Roman jedoch nicht.
Kjell Eriksson, dtv
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