Survivor

  • Goldmann
  • Erschienen: Februar 2024
  • 1
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Thomas Gisbertz
52°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2024

Krude und belanglose Horrorstory.

Der Roman bietet in Form eines Locked-Room-Thrillers drei unabhängige Geschichten, die in eine zusammenhängende postapokalyptische Horrorstory eingebettet sind.

In der ersten Geschichte geht es um die Medizinstudentin Hannah, die plötzlich in einem verunglückten und zerstörten Bus aufwacht, der derart demoliert ist, dass es für die Überlebenden des Unglücks in der Abgeschiedenheit der Wälder zunächst kein Entkommen gibt. Während der Bus zunehmend einschneit und die Insassen verzweifelt nach einem Ausweg suchen, müssen sie eine weitere schockierende Nachricht verkraften: Im Gepäckraum befindet sich eine Bombe, die bald hochgehen wird. Aber wie sollen sie an diese gelangen? Und wer von ihnen hat die Bombe im Bus platziert?
In der zweiten Geschichte erwacht die ehemalige Polizistin Meg mit fünf weiteren Personen vollkommen unerwartet in der Gondel einer Seilbahn, die hoch oben über verschneiten Bergen zum Stehen kommt. Keiner von ihnen weiß, wie er dorthin gelangte. Doch damit nur genug: Neben den fünf Fremden befindet sich auch ein ehemaliger Kollege der Mordkommission in der Gondel - tot. Doch wer der Anwesenden hat ihn brutal erstochen?
Die dritte Geschichte spielt in einem abgelegenen Retreat. Dort haben sich Carter und seine Begleiter verschanzt. Als ihr Generator im Schneesturm zusammenzufallen droht, wird die Situation immer brenzliger. Schließlich schützt ein Elektrozaun die Bewohner vor der Bedrohung durch die Außenwelt. Doch auch innerhalb der Unterkunft droht Gefahr: Als Carter von einer Einkaufstour zurückkehrt, liegt eine der Bewohnerinnen erstochen im Pool. Doch wer aus der Gruppe ist ein Mörder? Nicht nur für Hannah, Meg und Carter beginnt fortan ein Kampf ums Überleben.

Neuer Thriller der Bestsellerautorin

C.J. Tudors erster Thriller „Der Kreidemann“ sorgte international für Furore und wurde in 40 Länder verkauft. Ihre Liebe zum Schreiben, insbesondere zum Dunklen und Makabren, begann schon in jungen Jahren. Autoren wie Stephen King und James Herbert haben ihre Art zu Schreiben stark beeinflusst. Ihre Romane sind stets voller mysteriöser Spannung und dunklen Geheimnissen. Ihr aktueller Roman „Survivor“ wurde bereits von Paramount+ für eine Verfilmung optioniert. Die Idee zum Roman kam der Autorin angeblich bereits im Herbst 2019 - kurz vor der Corona-Pandemie. Es verwundert daher etwas, dass es im Roman um das hochansteckende Cholera-Virus geht, das per Tröpfcheninfektion übertragen wird und besonders die Lunge angreift. Daher sind die Infizierten („Whistler“) an einem durchgängigen Pfeifen beim Atmen zu erkennen. Da diese äußerst aggressiv sind, werden die modernen Zombies in „Sonderschutzzentren“ separiert. Zum Glück gibt es aber einen Schutz für die (noch) nicht infizierten Menschen: Booster-Impfungen mit dem Plasma der Whistler. Da ist es nicht verkehrt, wenn man sich in den Retreats einige im Keller zwecks Blutentnahme „hält“.

Schwache Story und Figurendarstellung

An den Thrillern der englischen Autoren scheiden sich die Geister. Für die einen sind sie extrem spannende Horrorgeschichten, für die anderen nur billige Romane mit einem hohen Ekelfaktor - und leider wird dieser Eindruck mit dem aktuellen Roman bestätigt. Hier wirkt alles lieblos zusammengeschustert und trotz aller Brutalität mag sich kein „Horrorfeeling“ einstellen. Dies liegt zum einen an der unglaubwürdigen Figurendarstellung und zum anderen an der absurden Story und den skurrilen Einfällen der Autorin. Während es die Businsassen nicht schaffen, eine Scheibe des Busses einzuschlagen, da die Notfallhämmer fehlen (!) und stattdessen auf die glorreiche Idee kommen, sich durch den Lokus nach draußen zu kämpfen, plagen die Gondelinsassen ganz menschliche Sorgen: Wie kann man hier sein großes Geschäft verrichten? (Die Autorin wählt hierfür noch ganz andere Worte). Schließlich einigt man sich, die Notdurft in eine Socke zu defäkieren und durch die Bodenklappe zu entsorgen - genauso wie so manchen Insassen der Gondel.

Einzig der Geschichte im Retreat, einer Art Trutzburg gegen die bösen Whistler, bietet zum Teil bitterbösen Horror und eine halbwegs durchdachte Story. Dabei klingen die Ausgangssituationen der drei Geschichten durchaus spannend, deren Umsetzung ist es aber leider nicht. Vielleicht wäre „Survivor“ ein guter Thriller geworden, wenn sich Tudor nur auf die Retreat-Geschichte konzentriert hätte.

Schwache Figurendarstellung

Leider passen sich die Dialoge dem schwachen Niveau der Geschichten an. Sie wirken überwiegend hölzern und entbehren vereinzelt jeglicher Logik. Sicherlich befinden sich die Figuren in den Geschichten in extremen Notsituationen, aber dies erklärt nicht ihr oftmals naives Verhalten. Da sich in jeder Gruppe ein Mörder aufhält, müsste man erwarten, dass sich alle mit Skepsis begegnen und es zunehmend zu Konflikten kommt. Dies ist aber allenfalls ansatzweise der Fall. Wenn wirklich etwas Rätsel aufgibt, dann ist es die Sprache der Autorin, wenn zum Beispiel ein dunkler Himmel „dräute“ oder von der „akustischen Bedonnerung [eines] schmerzenden Gehirns“ die Rede ist. Zumindest hat man am Ende der Lektüre eine Ahnung davon, wie sich dies anfühlt.

Fazit

Leider wird die spannende Grundidee des Thrillers einem belanglosen Thema geopfert. Dabei sind es nicht die Horrorelemente, die stören, sondern die oftmals naiven, unglaubwürdigen Verhaltensweisen und Dialoge der Figuren. Der Plot bietet eigentlich genügend Potential, das leider nicht genutzt wird. Insgesamt ist „Survivor“ im negativen Sinne ein „gruseliger“ Roman.

Survivor

C. J. Tudor, Goldmann

Survivor

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