Der Riss
- Lübbe
- Erschienen: Januar 2023
- 14
- Paperback
- 320 Seiten
Zuviel des Guten
Thilo Winter ist Wissenschaftsjournalist und hat sich besonders mit dem Klimawandel und den Polargebieten beschäftigt. Jetzt hat er mit „Der Riss“ sein erstes fiktives Buch geschrieben, einen Thriller, der in der Antarktis spielt.
Die Vulkanologin Antonia Rauwolf reist zur deutsche Forschungsstation Neumayer III in die Antarktis. Sie soll herausfinden, ob die kürzlich entdeckten knapp hundert Vulkane aktiv werden könnten, denn ein Ausbruch hätte katastrophale Folgen für das Weltklima. Was keiner weiß: Sie ist auch gekommen, um nach ihrem Bruder Emilio zu suchen, der nach einer verhängnisvollen Expedition in die eisige Wüste als vermisst gilt. Bei ihren Nachforschungen kommt Antonia gefährlichen Machenschaften auf die Spur. Durch illegale Bohrungen geraten Eisplatten in Bewegung, die seit dreißig Millionen Jahren den Lebensraum vieler Arten beschützt haben. Ein atemloser Wettlauf gegen die Zeit beginnt
Blasse Nebenfiguren, ein sehr böser Bösewicht und eine Superheldin in „Der Riss“
Man merkt dem Buch an, dass der Autor viel Fachwissen und ein Anliegen hat. Das gießt er alles in eine thematisch überfrachtete Geschichte und in die Hauptfigur Antonia Rauwolf, die im Laufe der Handlung zu einer übermenschlichen Superheldin mutiert. Ihre Alleingänge und ihre Geheimniskrämerei machen die Protagonistin allerdings nicht gerade sympathisch. Ihre eigene Agenda zieht sie ohne Rücksicht auf Verluste durch und gefährdet damit auch ihre Mitmenschen. Darin ist sie, sicher vom Autor nicht beabsichtigt, ihrem Gegenspieler Malatesta ähnlich. Der verkörpert das Klischee des Bösewichts in Reinkultur, auch wenn der Autor versucht, ihm mit einer Backstory einen „menschlichen“ Hintergrund zu geben.
Die Nebenfiguren bleiben sehr eindimensional und stereotyp. Ihre Daseinsberechtigung besteht darin, eine Funktion zu erfüllen, zum Beispiel die Handlung voranzutreiben oder Spannung zu erzeugen. So taucht zum Beispiel auf den ersten Seiten ein Fotograf auf, der erst wieder am Ende des Buches erwähnt wird, als er einen Auftrag von Antonia Rauwolf erhält.
„Der Riss“ ist stark auf Action hin konstruiert
Der Riss liest sich wie das Drehbuch zu einem Actionfilm. Und wie es dort üblich ist, gerät bzw. begibt sich die Heldin ständig in gefährliche Situationen, aus denen sie trotz aller Ausweglosigkeit mit heiler Haut wieder herauskommt. Dabei scheut sich Thilo Winter auch nicht, zu einem „Deus ex Machina“ Effekt zu greifen.
Ein Pluspunkt des Thrillers: Die Schauplätze sind spektakulär und einzigartig und werden so gut beschrieben, dass man sie beim Lesen plastisch vor sich sieht. Originell und eindringlich bleibt der Showdown mit einem Roboter im Gedächtnis.
Fazit
„Der Riss“ von Thilo Winter ist ein actionreicher Wissenschaftsthriller mit einer Prise Science-Fiction und Mystery. Thematisch ist „Der Riss“ überfrachtet, der Stoff würde für mehrere Bücher reichen. Die Handlung ist stark auf Spannung und Action hin konstruiert, weniger auf Logik und Realismus. Die Figuren bleiben eindimensional. Dagegen überzeugt der Thriller mit gut recherchiertem Hintergrundwissen und exotischen Schauplätzen.
Thilo Winter, Lübbe
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