Meier
- Heyne
- Erschienen: Mai 2022
- 1
- Taschenbuch, Klappenbroschur
- 160 Seiten
Ein lakonischer, glaubhafter Held - manchmal ein wenig trocken
Der berühmte irische Gangster Martin Cahill sagte seinerzeit zu seinem Werdegang, dass er alles, was er über seinen „Beruf“ wissen musste, in den irischen Erziehungsanstalten gelernt habe und sein „Fach“ zuletzt noch im Knast studiert habe. Ähnlich verhält es sich mit dem Häftling Meier, denn als der endlich aus dem Knast entlassen wird, sieht er sich für eine weitere Verbrecherkarriere bestens gewappnet, war doch die Zelle und der Umgang mit den Mithäftlingen seine Hochschule für das Leben „danach“.
Dennoch trennt ihn von seinem irischen Vorbild ein wichtiger Unterschied: Als der Ire weiland verhaftet und eingesperrt wurde, da gab es schon genügend Gründe für seine Strafe. Meier dagegen hat unschuldig gesessen und die besten Jahre seines Lebens für die Tat eines anderen sinnlos vergeudet. Immerhin – jetzt ist er wieder draußen und kann versuchen, mit dem was er im Knast gelernt hat, ein neues Leben aufzubauen. Andererseits, er könnte sich für auch für einige Dinge rächen. Nämlich, als er auf Informationen stößt, die bei dem damaligen Prozess einiges anders hätten darstellen können. Aber wirklich einiges….
“Standen zwei vor der Tür, zeigten ihm einen Wisch.“
Tommy Goerz lässt seinen lakonischen Helden Meier, dessen Vornamen wir nur sehr spät und beiläufig erfahren, in knappen abgehackten Sätzen zu Wort kommen. Subjekt, Prädikat, Objekt – grundsätzlich reichen die ja auch allemal aus, manchmal ist es aber nicht einmal das. So mancher Deutschlehrer würde vermutlich gelegentlich den Rotstift zücken. So mancher Jurist übrigens auch, denn auch wenn Meiers Knastkarriere sicher nicht gerade kurz war, wäre sie bei einem verurteilten Mörder, der aber kein Geständnis ablegt und abgelegt hat, nicht wegen guter Führung nach zehn Jahren beendet. Kurios auch, dass es offensichtlich keine Bewährungshelfer und keine Auflagen für den Entlassenen gibt. Aber irgendwie muss ja auch die Geschichte passen und so dürfte das der „dichterischen Freiheit“ geschuldet sein.
“Gelegenheiten erkennen und nutzen.“
Abgesehen von diesen kleinen Nickligkeiten hat Goerz einen soliden Krimi verfasst. Einiges mag manchmal ein wenig schablonenhaft anmuten: Die schmuddelige, grenzüberschreitende Nachbarschaft mit den Feinrippunterhemden in der öden Kleinstadt und im Kontrast natürlich die netten, jungen Leute vom Ökobauernhof. Manchmal war für meinen Geschmack die Stimmung auch ein wenig sehr düster. Andererseits – wer nach zehn Jahren wieder draußen ist, dem ist vielleicht auch nicht wirklich so nach Purzelbaumschlagen.
In die lakonische Erzählung Goerz’ passt dann auch die schnörkellose Aufklärung des Verbrechens, das Meier in den Knast brachte. Natürlich hatte sich der Leser schon seinen Teil gedacht, dennoch fehlten bis zur eigentlichen Erklärung der Tatumstände wichtige Informationen. Mir gefiel auch, dass sich natürlich nicht alles wieder gutmachen und einrenken lässt und das auch gar nicht die Intention des Autors oder seines Helden ist. Dennoch kann hier erlittenes Unrecht zumindest gesühnt werden und das schafft doch immerhin einen gelungenen Abschluss. Ganz davon abgesehen, dass es sogar für den einsamen Meier offensichtlich doch noch Hoffnung gibt.
Fazit
Ein trockener Roman über einen lakonischen Helden – ohne viele Worte und manchmal mit ein paar Worten zu wenig. Lesenswert. Punkt.
Tommie Goerz, Heyne
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