Der Winter des Propheten

  • Goldmann
  • Erschienen: April 2021
  • 1

- OT: Profetens vinter

-  aus dem Schwedischen von Katrin Frey

- Broschur, 544 Seiten

- Bd. 1 [Elias Krantz]

Der Winter des Propheten
Der Winter des Propheten
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Carola Krauße-Reim
90°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2021

Gelungener Auftakt einer Trilogie

Håkan Östlundh ist bei uns vor allem durch seine Fredrik-Broman-Serie bekannt geworden. Jetzt legt der Schwede mit der Elias-Krantz-Trilogie nach.

Die schwedische Diplomatin Ylva Grey überlebt in Sarajevo nur knapp einen Bombenanschlag. Ihr Mitarbeiter und Geliebter Anders Krantz dagegen stirbt. Zurück in Schweden versucht sie mit Anders' Sohn Elias, herauszufinden, wer hinter dem Anschlag steckt und vor allem, warum das alles geschah. Damit geraten sie ins Visier von Geheimdiensten, Regierungen und einflussreichen Unternehmen. Schnell ist klar, dass sie in ein Wespennest gestoßen haben und um ihr Leben fürchten müssen ...

Elias und Ylva punkten

Mit Elias und Ylva schickt Östlundh zwei starke Protagonisten ins Rennen, wobei ihm die Balance zwischen der Suche nach dem Grund des Anschlages und privaten Problemen sehr gut gelungen ist - und die haben beide mehr als genügend. Ylva ist eine Teamplayerin, versucht auf der ganzen Welt Geld für eine staatliche schwedische Hilfsorganisation einzutreiben. Nach Anders tragischem Tod ist sie erschüttert und auch einsam, die Trauer sitzt tief - aber auch die Schuldgefühle, denn Anders war verheiratet. Als klar wird, dass jemand aus ihrem beruflichen Umfeld an dem Attentat beteiligt sein könnte, traut sie keinem mehr – nur noch Elias. Der muss nicht nur den Tod seines  Vaters verarbeiten, sondern auch noch mit gravierenden gesundheitlichen Problemen fertig werden. Die beiden werden ein ungleiches und dennoch effizientes Team. Östlundh braucht nur wenige Sätze, um die Charaktere zu formen, wobei gerade ihre situationsgeschuldete Entwicklung spannend ist. Ylva wird zur Einzelkämpferin, die alle ihre beruflichen Illusionen in Frage stellen muss, und Elias mutiert vom Masterstudenten zum Beinahe-Agenten, der schmerzhaft realisiert, dass er nach dem Tod der Eltern jetzt ganz alleine ist, denn Stiefmutter und Stiefbruder sind nicht seine Familie.

Manchmal sollte man Schwede sein …

Gleich zu Beginn packt Östlundh ordentlich Spannung aus: Das Attentat in Sarajevo und Elias‘ gesundheitliche Schwierigkeiten binden den Leser sofort an die Geschichte. Und mit diesem fulminanten Tempo geht es weiter: Die Spannung bleibt konstant hoch, was nicht zuletzt den ständigen Wendungen und neuen Erkenntnissen geschuldet ist. Einzig die gerne gebrauchten Abkürzungen für z.B. staatliche Organisationen machen es manchmal dem Leser etwas schwer. Die sind für Schweden wahrscheinlich völlig alltäglich und klar, für alle anderen aber eher nicht, was die Einordnung problematisiert und das Verständnis etwas ausbremst. Dennoch fesselt der Thriller, denn die Zutaten sind gut gewählt: Geheimdienste, politische Seilschaften, die Verstrickung der Wirtschaft in undurchsichtige Machenschaften, Regierungsmauscheleien und nicht zuletzt die NGOs und andere Hilfsorganisationen dazwischen. Zwar krankt der Plot an einigen logischen Fehlern, dennoch ist er rasant und packend bis zum Schluss - denn jeder scheint etwas zu verbergen. Diese Vielschichtigkeit droht manchmal etwas undurchsichtig zu werden und verlangt vom Leser jederzeit volle Aufmerksamkeit.

Hier ist nicht nur der Himmel düster

Wie es sich für einen Nordic-Noir gehört, ist die Grundstimmung auch in diesem Thriller ziemlich düster. Die Verstrickungen von Hilfsorganisationen mit der Wirtschaft und der Politik sind ein Thema mit vielen Abgründen - und wie weit gegangen wird, um diese zu verbergen, erst recht. Natürlich ist die Geschichte Fiktion, dennoch kann man nicht vermeiden, über die eventuelle reale Aktualität nachzudenken. Da ist es auch nicht sehr aufmunternd, dass alles im Winter geschieht, der bekanntlich in Skandinavien noch kälter, dunkler und menschenfeindlicher ist als bei uns. Doch genau das erwartet man aber auch von einem schwedischen Thriller. Wenn der dann auch noch diese beklemmende Atmosphäre gut einfängt und dazu flüssig geschrieben ist, sind die über 500 Seiten schnell gelesen. Dazu tragen nicht zuletzt auch die zahlreichen Wendungen bei, die den Sumpf immer tiefer werden lassen, die Bedrohung immer deutlicher, und man sich dennoch bis zum Schluss nicht sicher sein kann, wer hinter allem steckt. Das Ende löst alle Probleme - auch für Elias, wobei sein Schicksal mich doch etwas ratlos zurück gelassen hat. Aber wahrscheinlich klärt sich das in den noch kommenden Teilen der Trilogie auf.

Fazit

Packend, rasant, vielschichtig – ein spannend düsterer Nordic-Noir! Håkan Östlundh hat mit Der Winter des Propheten einen fulminanten Einstieg in die Elias-Krantz-Trilogie abgeliefert. Wer skandinavische Thriller liebt, ist hier richtig!

Der Winter des Propheten

Håkan Östlundh, Goldmann

Der Winter des Propheten

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