Blutsfreunde

  • Limes
  • Erschienen: September 2020
  • 2

- OT: Henrys Hemlighet

- aus dem Schwedischen von Susanne Dahmann

- Broschur, 496 Seiten

Blutsfreunde
Blutsfreunde
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Carola Krauße-Reim
50°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2020

Martin Benner hat mal wieder Ärger an den Hacken

Kristina Ohlsson ist vor allem durch ihre Thriller rund um Fredrika Bergmann und Alex Recht bekannt geworden, die als Stockholm Requiem-Reihe sehr erfolgreich für das Fernsehen verfilmt wurden. Mit Martin Benner schickt sie einen neuen Helden ins Rennen. Blutsfreunde ist mittlerweile schon der dritte Band dieser Reihe rund um den schwedischen Anwalt mit afroamerikanischen Wurzeln.

Die Beerdigung ist der Anfang nicht das Ende…

… jedenfalls für diesen Thriller. Martins Freund Henry Schiller betreibt mit seiner Frau in New York ein Antiquitätengeschäft. Jetzt ist er tot und auf seiner Trauerfeier in Stockholm raunt ein Unbekannter Martin Benner ins Ohr, dass er ermordet wurde. Dann geschehen merkwürdige Dinge, die zu der Frage führen: Wer war Henry Schiller eigentlich? Und schon steckt Martin wieder mitten drin in einer Geschichte, die einmal mehr ihn und seine Lieben bedroht ...

Wie gerät Martin Benner nur immer in ein solches Schlamassel?

Schon in den ersten beiden Bänden der Reihe musste Martin ganzen Einsatz zeigen, was bei ihm in einem Herzinfarkt und bei seiner Tochter in einer Entführung gegipfelt hat. Während andere Anwälte eher Schreibtischhengste sind, ist Benner ein Mann der Tat: Er hat es anscheinend nicht nötig, Akten zu wälzen, um sein Honorar zu verdienen, denn er jagt Verschwörungen hinterher, jettet für Recherchen rund um die Welt und bringt so immer sich und seine Familie in direkte Gefahr. Der Aufbau der Thriller ist stets derselbe - was bedauerlich ist, würde ein wagemutiger Anwalt doch bestimmt mehr hergeben und müsste nicht immer nur als Jäger von geheimen Organisationen herhalten. Man muss die Vorgänger zu Blutsfreunde nicht gelesen haben, um sich hier zurecht zu finden; alle wichtigen Ereignisse oder Hintergrundinformationen zum Verständnis der Geschichte werden geliefert, aber nie so viel verraten, dass man nicht vielleicht doch auf den Gedanken kommt, in die Vergangenheit zu Schwesterherz und Bruderlüge zu reisen.

Und alle sind sie wieder dabei

Auch der Figurenpool ändert sich nur wenig: Natürlich spielt Adoptivtochter Belle, mittlerweile 8 Jahre alt, eine Rolle; ebenso Lucy, Martins große Liebe. Doch die hat mittlerweile genug von ihm und seiner Untreue und will einen anderen heiraten – oder doch nicht? Und natürlich ist da noch Boris, der Unterweltguy, von dem man nicht weiß, ob er immer auf der Seite von Recht und Gesetz steht - dafür aber immer an Martins Seite. Und Martin Benner selbst wird sich wohl auch nie ändern: selbstverliebter Macho durch und durch, hält er sich für Gottes Geschenk an die Frauen (die natürlich froh sind über jede Schäferstunde mit ihm), kann sich Stadtwohnung und Jugendstilvilla gönnen (inklusive Alarmanlage wegen seiner Kunstsammlung) und nagt auch sonst wahrlich nicht am Hungertuch. Die Erkenntnis, dass diese Figur nicht ganz so eindimensional ist, wie sie auf den ersten Blick erscheint, verdankt der Leser der Erzählperspektive des Buches - denn auch dieses Mal ist es Martin, der die Geschichte aus seiner Sicht erzählt. So erhält man Einblick in seine Gedanken, Ängste und Befürchtungen, die manchmal nicht ganz zu dem sexsüchtigen Egoisten zu passen scheinen – und schon ist Martin Benner nicht mehr ganz so unsympathisch.

Viele Seiten – guter Thriller?

Manchmal habe ich den Eindruck, dass Autoren meinen, nur ein dickes Buch kann ein gutes Buch sein – warum sonst muss man eine an sich gute Geschichte so breittreten, dass sie kaum noch Spannung aufweist? Das ist auch bei Blutsfreunde der Fall: Zuerst wird Spannung geschürt, die dann aber genauso beerdigt wird wie Henry Schiller. Lange Phasen vergehen mit Gedanken um eine Hochzeit, einem Schachspiel und Autofahrten in einem Elektroauto, dessen Marke so oft genannt wird, dass man sich fragt, ob die Autorin von Herrn Musk gesponsert wurde. Hätte Ohlsson sich auf das Wesentliche konzentriert, die Spannungsmomente gebündelt, hätte sie so zwar einen kürzeren, aber durchweg fesselnden Thriller geschaffen, denn die Essenz der Geschichte gibt den eigentlich her. In den vorliegenden 500 Seiten allerdings dümpelt das Geschehen nur so vor sich hin. Erst im letzten Drittel nimmt es an Fahrt auf und man kann zwischen Luxusherbergen, Hirschsteaks und Businessclass-Tickets doch noch den Thriller erkennen. Der Schluss passt dann zur essentiell guten, aber sehr konstruierten Geschichte und lässt die Vermutung zu, dass Martin Benner noch öfter ran muss.

Fazit

Blutsfreunde ist nur was die Seitenzahl betrifft ein gewichtiges Buch. Die Geschichte ist konstruiert und nur selten spannend erzählt, die Charaktere wenig sympathisch. Von Kristina Ohlsson hatte ich mir mehr erhofft als einen immer gleichen Plot mit den (mehrheitlich) immer gleichen Figuren. Bleibt die Hoffnung auf Band 4 der Martin-Benner-Reihe - wenn man den dann überhaupt noch lesen will.

Blutsfreunde

Kristina Ohlsson, Limes

Blutsfreunde

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