Skorpione
- Ullstein
- Erschienen: Januar 2018
- 4
- Berlin: Ullstein, 2018, Seiten: 365, Originalsprache
Wenn Straßenköter übereinander herfallen, wird es immer dreckig
Sascha Simoneit hat vor Jahren die knüppelharte Ausbildung zum Kampfschwimmer bei der Bundesmarine durchlaufen. Er blieb dann aber nicht bei der Bundeswehr, sondern verdingte sich als Söldner, bevor er eine kurze Karriere als Polizist durchlief.
Da Vorschriften nicht seine Welt sind, flog er irgendwann aus dem Staatsdienst - und machte ausgerechnet in Berlin-Moabit eine Detektei auf. Da hat er ziemlich spezielle Mitarbeiter, es ist eher eine Art familiäre Wohn- und Arbeitsgemeinschaft. Und plötzlich hat die skurrile Truppe einen heißen Fall zu lösen, auch wenn sich Simoneit zunächst dagegen wehrt. Eine verzweifelte Mutter will sich an dem Organhändler rächen, der ihrer Tochter illegal eine Niere geraubt hat. Das Mädchen liegt seither im Koma, mit ungewissem Ausgang.
Die Organhändler sind keine Unbekannten, mit dem Boss der Bande hat Simoneit beim Bund gedient. Die Sache ist überaus gefährlich, der Privatschnüffler weiß, dass es schmutzig und tödlich werden kann. Aber seine Kumpels drängen ihn, der Frau zu helfen - und so kommen alle in Lebensgefahr. Nur mit zweifelhafter Unterstützung scheint eine Lösung möglich.
Bei der Bundesmarine läuft auch kein Kindergeburtstag
Wenn ein Autor selbst Marine-Taucher, Polizist und Bundesgrenzschützer war, hat er alle Voraussetzungen, um einen authentischen Thriller zu Papier zu bringen. Cid Jonas Gutenrath hat dafür auch noch Moabit als Location gewählt, und seine Protagonisten passen allesamt in dieses spezielle Berliner Viertel. Und so lässt der Autor mitten in Berlin einen Ex-Söldner gegen die Machenschaften eines alten Kumpels ermitteln, der nicht nur im illegalen Organhandel tätig ist. Hannes de Klerck, so heißt der schlimme Finger, war mit Simoneit bei den Kampfschwimmern, und deshalb weiß der Privat-Schnüffler, was ihm und seiner Truppe da bei der Lösung des Falls bevorsteht.
Bei der Gelegenheit: Es ist ja überaus beliebt, vor allem bei amerikanischen Autoren, die Navy-SEALs als die härteste Truppe der Welt zu glorifizieren. Da wirkt es irgendwie erfrischend, dass ein deutscher Autor mal aus eigener Anschauung schildert, dass bei der Bundesmarine auch nicht gerade ein Kindergeburtstag läuft. Man mag die teilweise sadistischen Ausbildungsmethoden verurteilen, oder schlicht ekelhaft finden, aber dann ist man bei diesem Thriller ohnehin in der völlig falschen Abteilung.
Den Organhandel streift der Autor nur am Rande
Cid Jonas Gutenrath hat mit Sascha Simoneit eine wirklich interessante Figur erschaffen. Der Privat-Schnüffler ist trotz seiner kunterbunten Vergangenheit ein irgendwie netter Typ. Als Polizist hat er nach pragmatischen Lösungen für seine Leute im Kiez gesucht. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis er bei seinen Vorgesetzten aneckt, oder mehr als das. Die Menschen lieben ihn dafür, selbst jene, die eigentlich nicht mit Bullen reden. Mit Sascha Simoneit haben sie geredet. Deshalb kann er jetzt auch Gefallen von Leuten einfordern, die sich mit einem Gesetzeshüter nicht mal an einen Tisch setzen würden.
Die dunkle Welt des Organhandels streift der Autor nur am Rande, aber das reicht völlig aus. Denn es ist ja nichts neues, dass dort nur Geld zählt, und es genug Menschen gibt, die dafür jegliche Skrupel über Bord werfen. Und so ein Mensch ist Hannes de Klerck.
Dafür werden in Rückblenden die gemeinsame Zeit von Sascha Simoneit und Hannes de Klerck bei der Bundeswehr, sowie etliche Verbrechen des Gangsters in Afrika oder auf dem Balkan ausführlich beleuchtet. Simoneit war einer der wenigen Vertrauten von de Klerck bei der Bundeswehr, vielleicht sogar der einzige. Deshalb weiß er auch, dass der geborene Südafrikaner nicht wie ein normaler Mensch tickt.
Langeweile kommt bei diesem rasanten Thriller nicht auf
Für den Leser ist Skorpione durchaus anspruchsvoll zu lesen, denn Gutenrath springt in den Zeiten und zwischen den Protagonisten ordentlich hin und her. Da aber jedes kleine Kapitelchen mit Datum und Ort versehen ist, kann man der rasanten Handlung schon bald relativ mühelos folgen.
Langeweile kommt hier jedenfalls nicht auf. Die Dialoge sind - je nach der szenischen Umgebung - authentisch und dem Thema angepasst. Bei der Bundeswehr wird eben zackiger geredet als im Kiez von Moabit. Sascha Simoneit ist ein typischer Privatschnüffler, wie man ihn in solchen Romanen erwartet. Rotzig frech, mit vielen Wassern gewaschen, das Herz dennoch am rechten Fleck, und hartnäckig wie eine Bulldogge. Dazu passt seine mehr als merkwürdige Mannschaft, die mit ihm noch einige Fälle zu überstehen haben dürfte.
Cid Jonas Gutenrath, Ullstein
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