Der Schmerzsammler

  • Bastei Lübbe
  • Erschienen: Januar 2013
  • 2
  • Köln: Bastei Lübbe, 2013, Seiten: 399, Originalsprache
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Jörg Kijanski
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2013

Satanismus in Düsseldorf

Franziska Miller arbeitet beim LKA in Düsseldorf in der Abteilung für Operative Fallanalyse mit Schwerpunkt auf Okkultismus und Satanismus. Da es Verbrechen mit derartigem Hintergrund jedoch nicht gibt, arbeiten Miller und ihr Team hauptsächlich am Schreibtisch und werten Material für eine Studie aus. Als auf dem Nordfriedhof eine Grabschändung erfolgt, wird die Aufmerksamkeit von Miller geweckt, denn offenbar wurde hier ein satanisches Ritual abgehalten, wofür die auf dem Grabstein gefundenen Überreste eines geköpften Huhns sprechen. Das Grab ist die letzte Ruhestätte eines früheren Bankers, der vor über zehn Jahren seine Investmentbank an die Wand gefahren hat. Aber warum haben sich die Anhänger der Church of XXXL, diese stehen recht bald als die Grabschänder fest, ausgerechnet dieses Grab ausgesucht? Und warum wird Miller verboten, mit dem Umfeld des toten Bankers Kontakt aufzunehmen?

Kurz darauf wird eine Leiche im Sporthafen gefunden. Ihr Rücken ist mit zahlreichen Linien verunstaltet, die dem Opfer offenbar mit einem spitzen Gegenstand eingeritzt wurden. Auch hier sind einige satanische Zeichen zu erkennen, aber stehen die beiden Taten tatsächlich in einem Zusammenhang? Als wenig später die Leiche eines sechszehnjährigen Mädchens gefunden wird, die ebenfalls am Rücken starke Ritzspuren aufweist, wird Miller klar, dass hier ein Serienmörder sein Unwesen treibt, der vorher seine Opfer brutal foltert, um ihre Schreie zu sammeln. Doch nicht alle an der Aufklärung der Taten beteiligten Personen glauben ihr …

Ein Serienmörder der die Schreie seiner Opfer sammelt ist zumindest mal originell und vermutlich ebenso selten wie ein Ritualmord in Deutschland. Damit fängt es denn auch schon (auf Seite 20) an, denn dort lesen wir, dass ein echter ritueller Mord seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hierzulande nicht bekannt sei. Gleichwohl träumt Miller von einer eigenen Abteilung, wofür ihr nur ein Satanist mit klarem Kopf einen sauberen Ritualmord liefern müsste. Hat man diese – sagen wir – geistige Einstiegshürde gemeistert, gestaltet sich ein durchaus ansprechender und zügig lesbarer Thriller, der die Themen Satanismus und Serienmörder miteinander "verbindet".

Die Geschichte findet auf drei Erzählebenen statt. Da ist der gesuchte Serienmörder, welcher als Ich-Erzähler die Leser an seinen Gedankengängen teilhaben lässt. Zudem folgen wir den Arbeiten der Polizei aus Sicht der Protagonistin Miller, die aufgrund ihres Vornamens Franziska weitgehend nur Fran genannt wird und ein recht verkorkstes Privatleben hat. So gesehen könnten selbst Freunde skandinavischer Krimis mal einen Blick in das Buch riskieren. Und zu guter Letzt wäre da noch Lars Rüttgen, ein junger Mann, der sich für den Hohepriester der Church of XXXL hält und auch sonst recht durchgeknallt ist; was er mit dem gesuchten Serienmörder gemein hat. XXX steht übrigens für die Unendlichkeit und L, das denken Sie sich bereits, für Luzifer. Ein gewisses "Faible" (oder sagen wir besser "Toleranz") für Satanismus sollte man schon haben, weil einem sonst der ganze Hokuspokus ordentlich auf die Nerven geht.

 

"Vor ein paar Tagen war ich drauf und dran zu kündigen, und plötzlich bin ich stellvertretende Leiterin der Mordkommission, die einen der spektakulärsten Morde in der Geschichte der nordrhein-westfälischen Polizei aufklären soll."

 

 

 

"Es ist mit Abstand der spektakulärste seit Kürten, Bartsch und dem Rhein-Ruhr-Ripper."

 

Der Plot selber ist durchaus spannend, allerdings an manchen Stellen arg konstruiert und die teilweise "kaputten" Figuren (bis hin zum Oberstaatsanwalt, der sich in die Ermittlungen einmischt, obwohl er befangen ist) sind nur wenig packend beziehungsweise glaubwürdig. Auch Fran dürfte keineswegs allen Lesern/Innen ans Herz wachsen, da sie nur bedingt Teamfähig ist und auch sonst einen recht sturen Kopf hat. Dafür hat Fran allerdings mitunter recht großartige "Geistesblitze".

 

"Immer mit der Ruhe, Fran. Das klingt alles sehr gut, und es kann sein, dass alles stimmt. Aber zuerst ermitteln wir, und dann ziehen wir Schlussfolgerungen. Sonst kriegen wir echte Probleme."

 

Ob und wie die Fälle zusammen hängen soll naturgemäß nicht verraten werden, aber das Finale toppt in puncto "Konstruktion" alles. Wer auf Action steht und es gerne ein bisschen brutal mag, kann dennoch zugreifen.

Der Schmerzsammler

Martin Conrath, Bastei Lübbe

Der Schmerzsammler

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