Thorsten Schleif

Thorsten Schleif ist Amtsrichter und Autor. Zuvor hat er Sachbücher über die deutsche Justiz veröffentlicht, teilweise mit großem Medienecho. Er benennt die Probleme der Justiz und tritt in Talkshows auf, ohne dabei ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Jetzt hat er mit "Richter morden besser" seinen ersten Roman vorgelegt.

Krimi-Couch-Redakteur Marcel Zenk sprach mit Thorsten Schleif über seine besondere Arbeit, die Anforderungen des Richteramtes und sein Roman-Debüt.

"Humor kann in vielen Fällen gerade bei Zeugen und sogar bei Opfern dazu führen, dass die ohne jeden Zweifel höchst angespannte Situation vor Gericht ein wenig leichter ertragen wird."

Krimi-Couch:
In Ihrem Buch beschreiben Sie Seilschaften innerhalb der Justiz - auch zwischen Justiz und Regierung. Wie viel Realität steckt in Ihrem Roman?

Thorsten Schleif:
Viel. Man muss sich immer wieder verdeutlichen, dass über die Beförderung von Richtern zu Direktoren und Präsidenten die Justizminister und damit die Regierung der jeweiligen Bundesländer entscheiden, von den Beförderungen innerhalb der Staatsanwaltschaft ganz zu schweigen. Das ist ein klarer Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Seilschaften, Vetternwirtschaft, Klüngel sind leider eine typische Folge.

Krimi-Couch:
Siggi´s Referendar, Hamid, muss eine Klausur schreiben, die weit von dem abweicht, womit sich ein Amtsrichter täglich befasst. Wie steht es um die heutige Referendarausbildung? Erfüllt sie die Anforderungen an das Richteramt?

Thorsten Schleif:
Nein. Die Referendarausbildung genügt weder den Anforderungen an das Amt eines Richters oder eines Staatsanwaltes noch den Anforderungen an den Anwaltsberuf. Deshalb schicken vor allem Großkanzleien ihre Rechtsanwälte regelmäßig zu Schulungen und Fortbildungen. Der Staat verzichtet aus Kostengründen auf eine angemessene Aus- und Weiterbildung seiner Juristen. Bei Richtern werden insbesondere die wichtigen Gebiete der Aussage- und Entscheidungspsychologie sträflich vernachlässigt.

Krimi-Couch:
Welche Eigenschaften muss ein Richter Ihrer Meinung nach mitbringen, um am Amtsgericht arbeiten zu können?

Thorsten Schleif:
Neben einer soliden juristischen Grundausbildung muss ein Amtsrichter vor allem ein Händchen für den Umgang mit Menschen haben. Abgehobene Juristen aus dem Elfenbeinturm kann sich ein Amtsgericht nur in sehr begrenztem Ausmaß leisten.

Krimi-Couch:
Wie sehr haben Ihnen wirkliche Begegnungen mit Kollegen und Kolleginnen bzw. Täter und Täterinnen zu ihren Figuren inspiriert? Gibt es da so ganz typische Charaktere, denen man immer wieder begegnet?

Thorsten Schleif:
Tatsächlich haben mich viele Kollegen aus unterschiedlichen Gerichtsbezirken schon angesprochen, weil sie glaubten, ihre Direktorin oder ihren Präsidenten in meinem Buch wiedererkannt zu haben. Also ist die Beschreibung bestimmter Charaktertypen, die – leider – in der Justiz immer wieder auftauchen anscheinend ganz gut gelungen. Andere Figuren haben tatsächlich reale Vorbilder aus meinem Freundes- und Kollegenkreis. Das sind dann allerdings die sympathischen Figuren.  

Krimi-Couch:
Was hat Sie daran gereizt, ein fiktives Buch zu schreiben? Wie sind Sie beim Schreiben bzw. „plotten“ vorgegangen?

Thorsten Schleif:
In einem fiktiven Buch kann man seiner Phantasie einmal freien Lauf lassen. Die Grundidee für einen perfekten Mord im Gerichtsmilieu hatte ich schon seit einiger Zeit. Durch Zufall habe ich Karsten Dusse, den Autor der Achtsam-morden-Reihe kennengelernt, der mich ermutigt hat, meine Idee in die Tat umzusetzen. Zu Anfang fiel mir der Schritt vom Sachbuch zum Roman schwer, vor allem die gänzlich andere Schreibweise. Hier habe ich meiner Ehefrau viel zu verdanken, die mir erklärt hat, wie ich meinen Schreibstil für einen Roman verändern musste.

Krimi-Couch:
Humor ist in Ihrem Krimi allgegenwärtig. Spielt er auch im Gerichtssaal eine Rolle?

Thorsten Schleif:
Natürlich. Curt Götz schrieb einmal: „Die meisten Dinge des Lebens sind ernst Dinge. Wir machen sie nicht lustiger, wenn wir sie ernst behandeln. Die einzigen Dinge, über die es lohnt ernsthaft zu sprechen, sind lustige Dinge.“ Humor kann in vielen Fällen gerade bei Zeugen und sogar bei Opfern dazu führen, dass die ohne jeden Zweifel höchst angespannte Situation vor Gericht ein wenig leichter ertragen wird.

Krimi-Couch:
Verraten Sie uns zum Schluss: Liest jemand, der sich als Richter mit verschiedensten Verbrechen beschäftigt, gerne Krimis?

Thorsten Schleif:
Ich jedenfalls schon. Ich war schon als Kind von Krimis begeistert, habe erst Bücher von TKKG und die drei ??? gelesen, später vor allem Agatha Christie und Arthur Conan Doyle. Auch heute lese ich Krimis sehr gerne, etwa die von meinem Freund Karsten Dusse, aber auch Thriller zum Beispiel von Wulf Dorn, Sebastian Fitzek und Melanie Raabe.

Das Interview führte Marcel Zenk im Oktober 2022.
Foto: © Inga Jockel - Duisburg

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