Das Vermächtnis der Spione von
Buchvorstellung und Rezension
Bibliographische Angaben
Originalausgabe erschienen 2017
unter dem Titel A legacy of spies,
deutsche Ausgabe erstmals 2017
bei Ullstein.
Folge 8 der George-Smiley-Serie.
- --: Viking, 2017 unter dem Titel A legacy of spies. 320 Seiten.
-
Berlin: Ullstein, 2017.
Übersetzt von Peter Torberg.
ISBN:
978-3-550-05012-1
. 320 Seiten.
-
[Hörbuch] Hamburg: Hörbuch Hamburg, 2017.
Gesprochen von Walter Kreye.
ISBN:
3957131049
. 8 CDs.
'Das Vermächtnis der Spione' ist erschienen als
In Kürze:
1961: An der Berliner Mauer sterben zwei Menschen, Alec Leamas, britischer Top-Spion, und seine Freundin Liz Gold. 2017: George Smileys ehemaliger Assistent Peter Guilliam wird ins Innenministerium einbestellt. Die Kinder der Spione Alec Leamas und Elizabeth Gold drohen, die Regierung zu verklagen. Die Untersuchung wirft neue Fragen auf: Warum mussten die Agenten an der Berliner Mauer sterben? Hat der britische Geheimdienst sie zu leichtfertig geopfert? Halten die Motive von damals heute noch stand? In einem dichten und spannungsgeladenen Verhör rekonstruiert Peter Guilliam, was kurz nach dem Mauerbau in Berlin passierte. Bis George Smiley die Szene betritt und das Geschehen in einem neuen Licht erscheint.
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Alec Leamas, ein Außendienstler des britischen Geheimdienstes, wurde kurze Zeit nach dem Bau der Berliner Mauer am eisernen Vorhang erschossen. Jahrzehnte später tut sich sein in Deutschland lebender Sohn Christoph mit der Tochter der damals auch getöteten Liz Gold zusammen, um den Geheimdienst und die britische Regierung zu verklagen. Die Vorgesetzten von Leamas und Gold sollen die beiden bei einer Operation gegen den Staatssicherheitsdienst der DDR bewusst geopfert haben. Und das aus Gründen der Staatsräson.
Der Geheimdienst, nach seinem neuen Prachtbau an der Themse nur noch The Box genannt, will unter allen Umständen dunkle Flecken auf seiner weißen Weste verhindern. Weil der damalige Chef der Operationsabteilung, der legendäre George Smiley, offenbar verschwunden ist, greifen sich die Anwälte der Rechtsabteilung des MI 6 kurzerhand dessen Mitarbeiter Peter Guillam – der intensiven Befragungen standhalten muss. Der Kalte Krieg lebt dabei wieder auf – mit der ständigen Paranoia der Protagonisten. Und mit dem damals üblichen Denken – ebenso effektiv wie skrupellos. Peter erkennt schnell, dass er das Bauernopfer sein soll – und setzt sich geschickt zur Wehr.
John le Carré denkt offenbar an seine eigene Zeit als Spion zurück
John le Carré war selbst Nachrichtendienstler in Deutschland, bevor ihm der Erfolg seiner Bücher erlaubte, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Mit Der Spion, der aus der Kälte kam gelang ihm der große Durchbruch, und jetzt hat er mit Das Vermächtnis der Spione nicht nur ein Prequel zu seinem Welterfolg geschrieben, sondern gewissermaßen einen Schlusspunkt hinter sein literarisches Schaffen gesetzt – wenn er nicht noch weitere Bücher folgen lässt.
Als Ich-Erzähler agiert in dem neuen Werk Peter Guillam, der ein halbes Jahrhundert nach den tödlichen Schüssen an der Berliner Mauer durch einen schlichten Brief von seinem Altersruhesitz in der Bretagne nach London beordert wird.
Der Autor erinnert sich in diesem Buch mit spürbarem Vergnügen offenbar an die eigene aufregende Zeit zurück – schließlich erreichte der Kalte Krieg am Beginn der 60er Jahre mit Mauerbau und Kuba-Krise seinen schaurigen Höhepunkt. Das Vermächtnis der Spione ist zwar durchaus lesenswert, vor allem für erklärte Fans der Spionage-Romane von le Carré, hat aber mit Spannungsliteratur im Sinne des Wortes eigentlich nicht viel zu tun.
Den Spionen alter Schule sind die jungen Greenhorns nicht gewachsen
Es ist auch keineswegs so, dass nun die Wahrheit über den Tod von Alex Leamas und Elisabeth Gold ausgepackt wird. Aber immerhin erfährt der geneigte Leser einiges über die merkwürdige Vorgeschichte der damaligen Operation, die so tragisch endete. Dramaturgisch geschickt lässt der Autor das alte Safe House von George Smiley und seinen engen Mitarbeiter noch unverändert existieren. Es ist von Smileys Nachfolgern nie geschlossen und abgewickelt worden, was – ziemlich merkwürdig – auch keinem Rechnungsprüfer aufgefallen ist. Haushälterin Millie McCraig hütet seit damals das Gebäude und seine düsterenGeheimnisse. Alle wichtigen Akten hat sie auf Mikrofilmen in ihrem klapprigen Fahrrad versteckt. Das Gefährt wird von der nassforsch-arroganten MI6-Anwältin Laura gleich zu Beginn aus dem Hausflur in den Geräteschuppen verbannt. Hier deutet sich früh an, dass John le Carré das Hohelied der Spione alter Schule singen will, denen die jungen Greenhorns nicht gewachsen sind.
Smiley stellt politisch-philosophische Betrachtungen über Europa an
Dieser Sieg des Alters über die Jugend wird vom Autor in bester Erzähl-Laune ausgewalzt. Dabei macht er es seinem Protagonisten Peter Guillam zuweilen etwas zu leicht. Der merkt schnell, dass man ihm allein die Verfehlungen von damals in die Schuhe schieben will. Er betreibt einiges an Desinformation, als das nicht mehr zu reichen scheint, holt er seinen französischen Pass, den er den jungen Kollegen verschwiegen hat, aus dem Versteck und haut ab. Gelernt ist schließlich gelernt.
Die Schluss-Pointe ist dann ein Gespräch mit dem guten alten George in einer Bibliothek in Freiburg im Breisgau. Der stellt politisch-philosophische Betrachtungen über die Zukunft von Europa an – hier hat der Autor dem gealterten Spion offensichtlich eigenes Gedankengut in den Mund gelegt.
Dieser Roman ist für Leser, die bisher kein Buch von John le Carré gelesen haben, denkbar ungeeignet. Fans der Smiley-Reihe des Autors, oder seines Gesamtwerks, sollten sich allerdings auch diesen Band zur Abrundung ihrer Sammlung in das Regal stellen. Das sind sie seinem literarischen Gesamtwerk vermutlich schuldig.
Andreas Kurth, November 2017
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Lesewolf zu »John Le Carré: Das Vermächtnis der Spione« | 13.01.2018 |
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Grammaticus zu »John Le Carré: Das Vermächtnis der Spione« | 24.11.2017 |
anyways zu »John Le Carré: Das Vermächtnis der Spione« | 07.11.2017 |
subechto zu »John Le Carré: Das Vermächtnis der Spione« | 11.10.2017 |