Tage der Toten von
Buchvorstellung und Rezension
Bibliographische Angaben
Originalausgabe erschienen 2005
unter dem Titel The Power of the Dog,
deutsche Ausgabe erstmals 2010
bei Suhrkamp.
Folge 1 der Art-Keller-Serie.
- New York: Knopf, 2005 unter dem Titel The Power of the Dog. 539 Seiten.
-
Berlin: Suhrkamp, 2010.
Übersetzt von Chris Hirte.
ISBN:
978-3518462003
. 689 Seiten.
'Tage der Toten' ist erschienen als
In Kürze:
Mit großem Tatendrang hat sich der US-Drogenfahnder Art Keller daran gemacht, in die Strukturen der mexikanischen Drogenmafia einzudringen mit Erfolg. So viel Erfolg, dass die Drogendepots reihenweise auffliegen und die Narcotraficantes die Jagd auf ihn eröffnen. Nachdem sein Mitarbeiter von den Gangstern zu Tode gefoltert wurde, schwört Art Keller Rache und startet einen gnadenlosen, blutigen Feldzug gegen die Drogenbarone. Zu spät bemerkt er, dass er sich damit neue Feinde macht und die sitzen in Washington. Was als »Iran-Contra-Affäre« in die Geschichte einging, erlebt Keller als gigantisches Drogen-, Geldwäsche- und Waffengeschäft. Vor die Wahl gestellt, seiner Regierung zu dienen oder seinem Gewissen zu folgen, trifft er eine einsame Entscheidung und stößt dabei auf unverhoffte Verbündete.
Das meint Krimi-Couch.de: »Schonungslos aufklärender Thriller«
Krimi-Rezension von Ines Dietzsch überspringen
Don Winslow ist nicht gleich Don Winslow
Auf dem Buchmarkt existieren zwei Autoren mit dem gleichen Namen. Der eine siedelt in der Erotik-Ecke an und der andere schreibt exzellente Kriminalromane. Hat man nun »Tage der Toten« gelesen, könnte man mutmaßen, es gäbe noch einen dritten. Hat doch dieses faszinierende Werk nicht viel gemein mit den Surfin USA-Detektiv-Geschichten um den smarten Boone Daniels, den wir aus Pacific Privat und Pacific Paradise kennen. Außer dass es ebenso grandios erzählt wird. Die Originalausgabe von Winslows Tage der Toten erschien bereits 2005 unter dem Titel The Power of the Dog in den USA. Dem Suhrkamp-Verlag ist es zu danken, dass dieses gewaltige Epos den deutschsprachigen Lesern nicht länger vorenthalten wird.
Pakt mit dem Teufel
1973. Der ehemalige CIA-Agent Art Keller wird von der noch jungen Drogenbekämpfungsbehörde DEA als Fahnder in die mexikanischen Provinz Sinaloa abberufen. Erst kann er wenig tun, sein Einsatz wird von der mexikanischen Polizei und auch von den eigenen Kollegen blockiert. Das ändert sich zwei Jahre später, als Keller die Freundschaft zu Adán Barrera sucht. Adán und Raúl sind die Neffen des Polizeioffiziers und wichtigsten Mannes von Sinaloa, Miguel Ángel Barrera. »Arturo« wird in die Familie aufgenommen und fortan von »Onkel« Tío protegiert. Die Männer verbünden sich im Kampf gegen die Opium-Bauern und zerschlagen in einer groß angelegten Operation das gesamte Drogenimperium von Don Pedro Áviles, der dabei in einen Hinterhalt gelockt und erschossen wird.
Das mexikanische Trampolin
Zu spät erkennt Art Keller, dass Tío Barrera die alten Machthaber nur deshalb gestürzt hat, um sich selbst zum Kopf einer neuen übermächtigen Federación zu machen, die den Drogenhandel an der gesamten mexikanisch-amerikanischen Grenze kontrolliert. Mit Flugzeugen gelangen Tonnen an Kokain aus Kolumbien über Honduras nach Mexiko, von wo aus sie über die dreitausend Meilen lange Grenze nach Amerika geschmuggelt werden. Keller setzt alles daran, die Barreras zu stoppen. Aus den einstigen Freunden sind erbitterte Feinde geworden und die liefern sich über Jahrzehnte einen gnadenlosen Kampf bei dem es nur Verlierer gibt.
Fünfeinhalb Jahre hat Winslow an seinem Buch gearbeitet, dass durch einen Zeitungsartikel initiiert wurde. In dem Bericht stand über ein Drogen-Massaker in Mexiko geschrieben, bei dem neunzehn unschuldige Menschen regelrecht hingerichtet wurden. Winslow beantwortet sich die Frage nach dem Warum mit einem Roman über ein tiefschwarzes Kapitel aus der Geschichte der amerikanischen Demokratie. In Tage der Toten hat er sich die erschütternden Erkenntnisse seiner umfangreichen Recherchen von der Seele geschrieben. Herausgekommen ist eine fast siebenhundert Seiten starke Saga, die die Verstrickungen der amerikanischen Regierung in den Drogenhandel, als Iran-Contra-Affäre geschichtskundig geworden, beeindruckend dokumentiert und die Strukturen der Drogenmafia aufzeigt.
Die Handlung umspannt einen Zeitraum von fast dreißig Jahren und anhand der Einzelschicksale der Protagonisten entwirft Winslow ein blutiges Panorama des von Präsident Nixon ausgerufenen »War on drugs«, der bis heute nicht ausgekämpft ist. Winslow bringt neben seinem Hauptakteur Keller viele weitere Charaktere ins Spiel, bis in die kleinste Nebenfigur vielschichtig und glaubwürdig herausgearbeitet, und lässt sie auf vielfältige Weise interagieren. Bei einigen fällt es nicht schwer, die realen Vorbilder zu erkennen. Winslow erzählt die Geschichten eines irischen Killers aus Hells Kitchen, eines mexikanischen Bischofs und einer Edelnutte, deren Lebenswege sich mit denen Kellers und der Barreras kreuzen und verdichtet sie zu einem großen komplexen Ganzen. Winslows Charaktere lassen sich nicht in »Gut« und »Böse« gliedern. Er zeichnet Figuren mit Emotionen, gesteht Drogenbossen und Mafiakillern eine empfindsamen Seite zu und macht sie damit menschlich, obwohl sie abscheuliche Dinge tun.
Tage der Toten ist ein glänzend recherchierter Roman mit beängstigender Realitätsnähe, ein düsteres und brutales Werk, das aufwühlt, deprimiert und einen enormen Nachklang erzeugt. Ein Ausnahme-Thriller, dem man viele Leser wünscht.
Ines Dietzsch, November 2010
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Willibald zu »Don Winslow: Tage der Toten« | 19.01.2017 |
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Tommi aus Randbrand zu »Don Winslow: Tage der Toten« | 17.12.2016 |
Heino Bosselmann zu »Don Winslow: Tage der Toten« | 05.01.2015 |
mg11 zu »Don Winslow: Tage der Toten« | 09.05.2014 |
Dirk zu »Don Winslow: Tage der Toten« | 19.03.2014 |
Pablo zu »Don Winslow: Tage der Toten« | 19.02.2014 |
Thomas zu »Don Winslow: Tage der Toten« | 13.02.2014 |
Oldman zu »Don Winslow: Tage der Toten« | 26.01.2014 |
Tino_h zu »Don Winslow: Tage der Toten« | 15.01.2013 |
Luka23 zu »Don Winslow: Tage der Toten« | 31.05.2012 |
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