Hubertus Borck

Autor Hubertus Borck war viele Jahre der kreative Kopf des Hamburger Musik-Kabarett-Duos Bo Doerek. Er arbeitet heute als Theater- und Drehbuchautor und schrieb u. a. für „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“, „Wege zum Glück“ und die NDR-Produktion „Rote Rosen“. Der Wahl-Hamburger ist einer der Preisträger eines Schreibwettbewerbs beim Rowohlt Verlag und legt nun mit „Das Profil“ den Auftaktband seiner neuen Thrillerserie vor.

Krimi-Couch-Redakteur Thomas Gisbertz sprach mit Hubertus Borck über seinen Debütroman, seine ungewöhnliche Ermittlerin und seine Art des Schreibens.

"Die emotionalen menschlichen Abgründe sind es, die mich reizen. Dort, wo es vielen die Sprache verschlägt, will ich hin."

Krimi-Couch:
Herr Borck, Sie haben vor einiger Zeit erfolgreich am Schreibwettbewerb „Rowohlt Rotation“ teilgenommen. Wie fühlt es sich an, dass Sie nun in den Buchhandlungen ihren Debütroman kaufen können?

Hubertus Borck:
Im Moment muss ich mich ständig kneifen. Zumal es sich bei dem Wettbewerb ja um Rowohlts Digital-Label handelte. Es ging also zu Beginn meiner Reise gar nicht darum, das Buch eines Tages in einer Buchhandlung kaufen zu können.

Der Verlag hat sich dann aber sehr früh dazu entschlossen, neben E-Book und Hörbuch auch eine Printreihe zu starten. Aber diese Entscheidung ist damals etwas an mir vorübergerauscht. Ich war schon zu sehr auf das Schreiben des Romans fokussiert. Ehrlich, ich kann mich an diese Monate kaum noch erinnern. Aber als ich neulich den Karton mit meinen Belegexemplaren aus dem Werk geschickt bekommen habe, da hat es mich umgehauen. Den Deckel aufzumachen, war wie ein Ventil aufzuschrauben. Ich habe einfach losgeheult.

Krimi-Couch:
Sie waren Musicaldarsteller, arbeiten als Kabarettist, Drehbuch- und Theaterautor. Wann kam Ihnen die Idee, einen eigenen Thriller zu schreiben?

Hubertus Borck:
Einige würden sagen, es war Zufall. Aber ich glaube nicht an Zufälle. Im April 2020 hat mich die Coronapandemie beruflich erwischt. Dreißig Zusatzvorstellungen meines letzten Theaterstücks in Hamburg fielen den Theaterschließungen zum Opfer. Ich war mehr als frustriert. Auch wenn ich beim Fernsehen die Butter zum Brot verdiene, brauche ich in regelmäßigen Abständen uneingeschränkte kreative Freiheit. Als Serienautor bin ich ja immer auch den Wünschen der Produktionsfirma und dem Sender gegenüber verpflichtet. Da ich dem Rowohlt Verlag schon lange bei Instagram folge, tauchte kurz nach dem Shutdown der Aufruf zum Autorenwettbewerb in meinem Feed auf. Ich habe gelacht und mich natürlich gefragt, ob mir das jetzt etwas sagen soll. Spannungsliteratur zu schreiben, hatte ich zuvor allerdings nie für mich in Betracht gezogen. Daher bin ich umso überraschter, dass es mir so große Freude bereitet. Meine zweiundachtzigjährige Mutter wollte neulich wissen, wo das denn jetzt plötzlich noch herkommt. Ich konnte ihr die Frage nicht beantworten.

Krimi-Couch:
Sie sind ein erfahrener Drehbuch- und Theaterautor. Was war für Sie dennoch eine Herausforderung, als Sie nun Ihren ersten Roman geschrieben haben?

Hubertus Borck:
Eigentlich war die gesamte Arbeit an „Das Profil“ eine Herausforderung. Natürlich war mir vorher bewusst, dass das Schreiben von Drehbüchern und von Romanen zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe sind. Beim Fernsehen entstehen die Geschichten im Team. „Das Profil“ habe ich alleine geplottet, in all seiner Komplexität der Zeitebenen. Zwischendurch dachte ich, der Druck macht mich fertig. Aber als das letzte Puzzleteil plötzlich an die richtige Stelle rutschte, war das schon ein krasses Gefühl. Beim Schreiben haben mich die Täterszenen emotional ziemlich viel Kraft gekostet. Eine im Besonderen, die ich nachts beendet habe. Danach war ich so fertig, dass ich bis zum Morgen wachgelegen habe.

Dann kam in meinem Fall auch noch die Nervosität um die neuen Abläufe des „Büchermachens“ hinzu. Bis zu meiner eigenen Reihe bei Rowohlt hatte ich mir zuvor nie Gedanken darüber gemacht. Die einzelnen Schritte im Lektorat, das anschließende Feinlektorat, die gefühlt nicht enden wollenden Durchgänge im Korrektorat, die Fahne, die gesamte Herstellung mit Covergestaltung und Titelfindung. Darum wird es unter anderem auch bei meiner Buchpremiere am 21.11. im Schmidtchen Theater auf dem Hamburger Spielbudenplatz gehen. Aber ich fühlte mich bei Rowohlt von Anfang an sehr gut aufgehoben. Und ich bin dankbar für meine Lektorin Anne Tente, die es wunderbar versteht, meine teilweise wirren Gedanken zu sortieren.

Krimi-Couch:
Im Mittelpunkt Ihres Romans steht mit Franka Erdmann eine ständig rauchende und Energydrinks konsumierende Ermittlerin Ende Fünfzig. Eine selbstsichere Persönlichkeit und starke Frauenfigur, gleichzeitig aber auch eine doch eher ungewöhnliche Ermittlerin. Warum haben Sie sich für diesen Typ entschieden?

Hubertus Borck:
Die Frage nach dem warum ist interessant. Tatsächlich habe ich mir die Frage, ob Mann oder Frau, nämlich nie gestellt. Als ich anfing mich mit dem Stoff und dem Genre zu befassen, habe ich sofort diese schluffige Frau vor mir gesehen, die sich in einem von Männern dominierten Berufsfeld behaupten muss. Ein Mensch, der sich selbst Gesellschaft genug ist. Fokussiert und geradeheraus. Sie hat keine Zeit, Unbequemes rosa zu verpacken. Frankas Kollegin Sybille hat das mir gegenüber mal ganz treffend formuliert: Franka hat die Eier, die manch männlicher Kollege gerne haben würde. Der Gedanke hat mir irgendwie gefallen.  

Krimi-Couch:
Frankas Partner Alpay Eloğlu ist studierter Kriminologe, aber noch neu im Dienst beim LKA Hamburg. Nach anfänglicher Skepsis lernt er seine erfahrene Partnerin immer mehr schätzen. Inwiefern ergänzen sich die beiden?

Hubertus Borck:
Bei aller Unterschiedlichkeit begreifen die beiden im Verlauf der Geschichte, dass sie derselbe Jagdinstinkt antreibt und – dass sie aufeinander angewiesen sind. Auch aus einer beruflichen Zweckgemeinschaft kann gegenseitiger Respekt erwachsen.

Krimi-Couch:
Sie nehmen sich viel Zeit für den Täter und seine Biografie. Dabei gelingt Ihnen eine sehr feinfühlige, subtile Zeichnung einer verletzten Seele, die gleichzeitig bei den Morden äußerst brutal und grausam vorgeht. Warum war Ihnen diese ambivalente Darstellung wichtig?

Hubertus Borck:
Dem Plotter in mir macht die Spannung und die ticking clock Spaß. Aber als Autor interessiert mich vielmehr die Frage, wie jemand zum Täter wird. Was widerfährt einem im Leben, dass man plötzlich vom Weg abkommt. Die emotionalen menschlichen Abgründe sind es, die mich reizen. Dort, wo es vielen die Sprache verschlägt, will ich hin. Ich habe keine Angst davor. Natürlich weiß ich, dass eine schreckliche Kindheit und eine furchtbare Sozialisation kein Freifahrtschein für Gewaltverbrechen sind. Ich will aufzeigen, nicht bewerten.

Krimi-Couch:
Verraten Sie uns zum Schluss, wann und wie es mit Franka Erdmann und Alpay Eloğlu im zweiten Band „Die Klinik“, der voraussichtlich im März 2023 erscheinen wird, weitergeht?

Hubertus Borck:
Lieber Herr Gisbertz, Sie können sich sicher vorstellen, dass mich Franka Erdmann grillen würde, wenn ich etwas aus „Die Klinik“ spoilern würde. Und ganz ehrlich, der Titel ist schon Alarm genug.

Das Interview führte Thomas Gisbertz im Oktober 2022.
Foto: © Rowohlt

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